Ein grüner Blick auf die Abtei von Villers-la-Ville


Ich dachte, ich kenne die Ruinen von Villers-la-Ville – bis ich sie neulich noch einmal ganz neu entdeckte, diesmal mit den Augen einer Gärtnerin. Mit der leidenschaftlichen Historikerin Anne Burette, die 2012 die Idee zum Wiederauferstehen eines Klostergarten hatte, spazierten wir über das 30 Hektar große Gelände (davon sind tatsächlich insgesamt 15 Hektar Ruinen) und hörten Geschichten, die zwischen Heilpflanzen und Rosensträuchern wurzeln. Auf dem heutigen Verbindungsweg vom Eingangsbereich zum Abteigelände wird man von einer Rosenzeitleiste begleitet: Rosenpapst Gérard Heubreck pflanzte die Sorten in der Reihenfolge der Jahrhunderte und ihrer Vorkommen zu der jeweiligen Zeit – bis hin zu seiner eigenen Züchtung am Ende des Pfades. Wie die alten Sorten duften – so ein schöner Einstieg in den Rundgang.


Wo einst die Mönche pflegten und heilten

Jetzt ging es aber vor allem um die im Gelände angelegten Gartenbereiche, die nicht mehr historischer Bestand sind, aber mit vielen liebevollen Details ein absoluter Gewinn für Villers-La-Ville darstellen. Bei der Rekonstruktion des Gartens folgten Anne und ihre Mitstreiter:innen einem klösterlichen Grundsatz: Der Hortus medicus zum Beispiel lag meist in der Nähe der Krankenstation. Nach alten Plänen entschied man sich, einen Garten mit unterschiedlichen Heilpflanzen-Abteilungen östlich der Ruinen neu anzulegen – wie ein grünes Echo auf den mittelalterlichen Alltag. Eine sehr hilfreiche Grundlage hierfür stellte – so erzählt uns Anne – der St. Gallener Klosterplan dar. Und so finden sich viele historische Klostergarten-Details auch hier wieder. Die Tatsache, dass die Gärten immer mit einer Mauer umgeben waren oder dass sie typischerweise einen Brunnen mit vier Abläufen hatten, zeugen von Referenzen an das himmlische Jerusalem. Frühe Inspiration ging für die Anlage von Klostergärten auch von einem Lehrgedicht aus, das als Hortulus frühe Verbreitung erfuhr.

Angeleitet von den Lehren der weisen Hildegard von Bingen hat man hier einige Beete angelegt, für die entsprechend vorliegender Erkrankungen einige Pflanzen zusammengestellt wurden. Wir erfuhren sehr interessante Wirksamkeiten und Rezepturen, wie zum Beispiel, dass Salbei + Rose = Pulver gegen Cholerik ergeben könnte oder dass die Ruta (Weinraute) als anti-aphrodisierend galt, was im Kontext der Klöster anscheinend sinnvoll eingesetzt werden sollte.

Die eigentliche Gartenkultur entwickelte sich bekanntermaßen in der Zeit der Renaissance und des Barock und so hat sich auch der Abt von Villers-La-Ville im 18. Jahrhundert einen hübschen Ziergarten anlegen lassen, an den an einem schönen Gartenareal inmitten der Ruinen erinnert wird. Es wird heute gerne auch für Outdoor-Ausstellungen genutzt. Wenn man von dort aus weiterspaziert in Richtung der Eisenbahnlinie, dann kommt man zu den heute ehrenamtlich betriebenen Weingärten. Übrigens besteht die Bahnlinie bereits seit dem 19. Jahrhundert, als Villers-La-Ville auch im Zuge der allgemeinen romantischen Begeisterung für Ruinen zu einem beliebten Ausflugsziel avancierte.

Wer einmal in Villers-La-Ville war, der merkt: dies hier ist auch heute ein spirituell aufgeladener Ort. Anne berichtete von Begehungen, bei denen man auch erleben kann, dass das Gelände eine besondere spirituelle Ausstrahlung hat, die man körperlich erleben kann. Angeblich ist genau unter der ehemaligen Vierung der Klosterkirche ein solcher Punkt, den man physisch spüren kann. Um solche Schwingungen aufzunehmen, gibt es mittlerweile auch einen kleinen Meditationsgarten auf dem Gelände.

Eins ist klar, die Ruinen von Villers-La-Ville sind magisch. Ich weiß nicht genau, was da passiert, aber ich kann mich dem nicht entziehen. Mich würde es ja reizen, dort einmal eine Nachtwanderung zu unternehmen. Übrigens: Nachts bleibt die Anlage bewusst unbeleuchtet. Ein Glück für den Uhu, der hier seit einigen Jahren brütet und über die dunklen Mauern wacht.


Transparenzhinweis: Ich wurde von Visit Wallonia zu dieser Reise eingeladen. Die Kosten für Unterbringung, Verpflegung sowie sämtliche Eintritte und Führungen wurden vollständig von Visit Wallonia übernommen. Es bestand keine Verpflichtung zur Berichterstattung, meine Meinung bleibt davon unbeeinflusst.

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2 Antworten zu “Ein grüner Blick auf die Abtei von Villers-la-Ville”

    • Ich müsste mal das Büchlein rauskramen, in dem ich mit meinem damaligen Boyfriend eine Story zu den Ruinen schrieb – so ganz romantisch als Fortsetzungsstory. Bin aber nicht sicher, ob ich es finde.

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