Josef Haubrich – ein Leben mit der Kunst


„Meine Erfahrung aus 40 Jahren Leben mit der Kunst: Ich habe fast nie bereut, ein Kunstwerk erworben zu haben, aber ich habe manchmal jahrelang bereut, eins nicht erworben zu haben.“

haubrich.jpg
Entspannte Pose: Joseph Haubrich.

Josef Haubrich ist „die“ Persönlichkeit der spannenden Nachkriegsjahre in Köln, die vor allem auch durch einen unglaublichen Nachholbedarf an Kunst und Kultur geprägt war. Er gehörte zu der Szene um das Weinhaus Denant und prägt die Kulturlandschaft Kölns nachhaltig.

Am 15. Juni 1889 wurde Ludwig Josef Haubrich in Köln als Sohn eines Direktors der Ortskrankenkasse in eine gutbürgerliche Familie geboren. Aufgewachsen ist er zunächst in einer Mietwohnung im Mühlenbach 37. Später erwarb die Familie eines der ersten Häuser in dem neuen Stadtteil Klettenberg in der Hardtstraße 19. Im Jahre 1907 machte Josef Haubrich am Gymnasium Kreuzgasse Abitur.

Die Familie war durchaus kunstsinnig. Der Vater war in der Dombaulotterie zuständig für die Auswahl der Gemälde, die als Prämie vergeben wurden und hier sind durchaus die frühen Wurzeln der Kunstbegeisterung Josef Haubrichs zu sehen. Allerdings war der Kunstgeschmack seines Vaters, den er oft bei Auslandsreisen begleiten durfte, durchaus ein den arrivierten Richtungen angepasster und auch Josef Haubrich hatte in seinen jungen Jahren eher eine Begeisterung für Genre- und Historienbilder des 19. Jahrhunderts entwickelt. So ist es trotz aller Kenntnis und Beschäftigung mit dem Kunstbetrieb folgerichtig, dass er 1907 ein Jurastudium beginnt. Im Sommersemester zieht es ihn nach München. Die Stadt allerdings gab ihm durchaus weiteres Futter für sein Interesse, sich mit der Kunst zu beschäftigen. Zahlreiche Galerien, imposante Museen und interessante Künstlerkreise waren sein Zuhause für die nächsten Jahre und prägten weiterhin seinen Kunstsinn aus. Zielgerichtet schloss er nach kurzer Zwischenstation in Berlin sein Jurastudium in Bonn ab und schrieb eine Doktorarbeit mit dem Titel „Die Diskontierung von Buchforderungen“. Sein Ziel für die Zukunft hieß: Industrieanwalt. Ein durchaus klug gewählter Zweig der Juristerei, da in der Aufbruchstimmung der Nachkriegszeit hier am meisten Arbeit zu erwarten war. Josef Haubrich trat allerdings zunächst einmal eine Referendarstelle am Amtsgericht in Lindlar an.

vangogh.jpg
Vincent van Gogh: „Brücke von Arles“ (1888).

Mit großem Interesse hatte Josef Haubrich auch die Entwicklung des Wallraf-Richartz-Museums verfolgt, in welchem der damalige Direktor Alfred Hagelstange dafür sorgte, dass man Anschluss an die Moderne hatte. 1912 sorgte er für den Ankauf der „Brücke von Arles“, die Vincent van Gogh so häufig unter dem Einfluss der südlichen Sonne gemalt hatte. Und auch die Schenkung der Sammlung Seeger mit zahlreichen Bildern des realistischen Malers Wilhelm Leibl bereitete den Boden für die neuen Bilder. Das alles traf durchaus den Geschmack Josef Haubrichs und er hielt sich zu vielen Besuchen im Museum auf. Dennoch darf man nicht vergessen, dass im Jahre 1912 schon revolutionärere Künstler auf der Bildfläche erschienen und diese galt es zu entdecken.

Die „Internationale Kunstausstellung des Sonderbundes westdeutscher Kunstfreunde und Künstler zu Cöln 1912“ – kurz „Sonderbundausstellung“ – bot die Gelegenheit dazu. Vom 25. Mai bis 30. September stellten die führenden Museumsdirektoren und Galeristen Deutschlands (neben Hagelstange vor allem auch Karl Ernst Osthaus sowie Flechtheim und wichtige Kunstsammler) in Köln das vor, was sich an modernen Kunstrichtungen in den Jahren seit der Jahrhundertwende entwickelt hatte.

„Dass die Beziehungen des neuen Cöln zur modernen Kunst so innig werden wie die des alten zur Kunst seiner Zeit, dafür möchte der Sonderbund an seinem Teil mitwirken“, hieß es damals engagiert. Das offizielle Köln in Person des damaligen Oberbürgermeisters Max Wallraf beschwerte sich allerdings, dass man sich mit der Ausstellung den Zorn des Kaisers zugegzogen habe, der ja bekanntermaßen eine sehr eigene Auffassung davon hatte, was Kunst sei. „Eine Kunst, die sich über die von Mir bezeichneten Gesetze und Schranken hinwegsetzt, ist keine Kunst mehr, (…).“ Für kunstsinnige Menschen wie Josef Haubrich war die Ausstellung jedoch eine Offenbarung. 108 van Goghs, 24 Cézannes, 21 Gauguins, 32 Munchs sowie Bilder von Picasso, Matisse, Marc, Kandinsky, Jawlensky, Klee, Kokoschka, Nolde und vielen anderen jungen Malern eröffnete ihm eine völlig neue Welt.

„Die Ausstellung ist gestern mit kommandierenden Generälen und Oberbürgermeistern aus der Taufe gehoben worden. Picasso! Picasso! Picasso!“, jubilierte Macke in einem Brief an Marc.

Josef Haubrich nahm all die Anregungen der jungen Kunst mit Begeisterung auf und dieses Feuer erhielt nun noch mehr Zunder, als 1914 mit der Werkbund-ausstellung auf dem Messegelände ein weiterer Mei-lenstein modernen Kunstempfindens in seiner Heimatstadt gesetzt wurde. Zur Ausbildung des guten Geschmacks zeigten hier die unterschiedlichsten Werkbünde ihr Können. Richtungweisend und bis heute in die moderne Architektur hineinwirkend war beispielsweise das berühmte Glashaus von Bruno Taut. Auch dieses Ereignis beeindruckt den jungen Josef Haubrich nachhaltig und er nimmt lebhaften Anteil an der Entwicklung neuer Richtungen in Kunstgewerbe und Architektur.

Diese Aufbruchstimmung und Begeisterung für die Moderne wird allerdings jäh unterbrochen durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges, den viele der ungestümen jungen Künstler noch als reinigendes Gewitter begrüßt hatten. Die Erfahrung von Tod und Verwüstung, die dieser Krieg bringen sollte, hatte man bis dato noch nicht. Und so nimmt es auch nicht wunder, dass ein Großteil die kommenden Erlebnisse als einen kaum zu überwindenden Schock erlebten, der die Produktion von Kunst nicht mehr möglich machte. Leitfiguren wie August Macke und Franz Marc fielen schon zu Beginn der Kriegshandlungen, Ernst Ludwig Kirchner musste in eine Nervenheilanstalt eingewiesen werden und auch andere waren kaum in der Lage, das Gesehene zu verarbeiten.
Josef Haubrich wurde nach einer kurzen Schonfrist wegen seines Examens 1916 ebenfalls einberufen und er musste sich in Berlin zur Musterung einfinden. Der dortige Aufenthalt zog sich hin und so blieb ihm zwischen allen Musterungsterminen durchaus Zeit, sich in der lokalen Kunstszene umzutun, die mit dem legendären Herwarth Walden einen der Väter der expressionistischen Bewegung zu bieten hatte. Josef Haubrich besuchte eine Gedächtnisausstellung für den bei Verdun gefallenen Franz Marc und erwarb seine erste Plastik: eine Figur, die Lehmbruck in seiner Pariser Zeit gearbeitet hatte. Sehr mutig hatte der junge Rechtsanwalt für dieses Werk einige Hundert Mark investiert, sich völlig bewusst darüber, dass er möglicherweise auf wenig Verständnis aus seiner Umwelt treffen würde. Zu modern und neu war die Kunst Wilhelm Lehmbrucks gerade weil die Skulptur sich schwer von den klassischen Vorbildern zu lösen schien. Der Berlinaufenthalt Haubrichs nahm übrigens ein glückliches Ende: wegen eines Herzfehlers wurde er ausgemustert und konnte nun auch seine Liebe Johanna Kux am 25.5.1916 zur Frau nehmen und sich endlich mit einer Anwaltspraxis selbständig machen. Mit Hanna bezog er eine komfortable Wohnung auf der Siebengebirgsallee 17.

Die Zerstörungswut des Krieges hatte eine allgemeine Resignation zur Folge, die auch Auswirkungen auf die Entwicklung der Kunst nahm. Keiner wollte mehr ernsthaft an den klassischen Traditionen festhalten und auch Josef Haubrich gab das Sammeln etablierter Kunst auf, das er bis zu Kriegsausbruch in bescheidenem Maße betrieben hatte. Er pflegte intensive Freundschaften zu jungen Malern wie Peter Abelen, Michael Brunthaler, Heinrich May und T.C. Pilartz. Immer mehr interessierte ihn die dissonante und aufregende Kunst der jungen wilden Expressionisten. Und als er kurz nach dem Kriege in sein Haus in der Eugen-Langen-Straße 29 nach Marienburg umzog, sollte hier eine der wichtigsten Sammlungen expressionistischer Kunst ihren Geburtsort haben. Josef Haubrich begann zu kaufen. Und zwar auch mit der in den Zeiten der Rezession beliebteren harten Währung Dollar. Da die junge Kunst noch relativ günstig zu haben war (einen halben Dollar bezahlte er besipielsweise für einen Dix) wuchs seine Sammlung schnell.
Ensor_h300.jpgMitte der zwanziger Jahre kaufte er allerdings auch für beispielsweise ungefähr 10.000 Goldmark zwei Bilder von James Ensor: „Das Mädchen mit der Puppe“ und „Skelett, chinesische Bilder betrachtend“. Das war schon eine gewaltige Summe. Als Anwalt war Haubrich erfolgreich und wohlhabend geworden. So konnte er es sich leisten, seine Sammelleidenschaft auszuleben. Josef Haubrich bewegte sich in Kölner Künstler- und Sammlerkreisen und seine Meinung hatte großes Gewicht. Als großes Vorbild sah er Alexander Schnütgen, der ihn darin bestärkte, gezielt eine Sammlung aufzubauen – auch mit der Perspektive, diese der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. 1923 wurde Josef Haubrich zum Vorstand des Kölnischen Kunstvereins gewählt und gestaltete dessen Ausstellungen maßgeblich mit. Unter dem Pseudonym Ludwig Josef schrieb er viel beachtete Kunstkritiken für die „Rheinische Zeitung“.

Er war eine Größe in der Kölner Kunstszene, überall mit dabei, kannte die wichtigsten Künstlertreffs wie die Teestube Damm an der Hohen Straße oder das Café Monopol und besuchte die Ateliers. Das Weinhaus Denant gehörte damals auch zu den beliebten Treffs Kunstsinniger und Geistesgrößen. „Zu den ragenden Säulen bei den Denantschen Symposien gehört natürlich der Doktor Haubrich, Mäzen und Sammler. Seine füllige sanguinische Erscheinung ist Mittelpunkt, wenn die neuesten kölschen Witze erzählt und Wertmaßstäbe neuester Werke ausgeteilt werden.“ So schreibt Fritz Franz Florian in seiner entzückenden „kleinen Gebrauchsanweisung für eine große Stadt“ später. Ebenfalls dort beschrieben ist die wichtigste Galerie der Moderne, die neben dem Kunsthändler Karl Nierendorf Haubrichs erste Anlaufstelle war.

moell-01.jpg
Galerie Ferdinand Möller in Köln.

Die Rückblende schildert treffsicher den Stellenwert moderner Kunst im Köln dieser Jahre:

„Vom Neumarkt geht nach Westen ein Straßendurchbruch zum Ring. Hier liegt die Galerie Ferdinand Möller. Das ist vielleicht die schönste moderne Kunsthandlung, die es auf dem Kontinent gibt. Der Architekt Wilhelm Riphahn, Ehrendoktor, eine Art kölscher Schinkel, nicht was Stil, sondern was Rang und Einfluss angeht, hat sie gebaut. (…)
Ferdinand Möller, der Rheinlander, ist nach dem Kriege in Berlin räuberischem Druck ausgewichen und hat seine moderne Galerie in Köln aufgemacht. Hier ist nun immer ein Treffpunkt der Leute, die sich in Köln, in Europa und in Übersee für die bewegenden Dinge interessieren, welche die Maler und Bildhauer erfinden. Ferdinand Möller, der im Januar 1856 als Sipziger seine vita activa et contemplative duch einen plötzlichen Tod beschloss, fing in Köln mit einer Ausstellung ‚Die alten Meister der Moderne‘ an. Immer waren seine Ausstellungen qualitätvoll, und immer hatte er im Privatkabinett einige Delikatessen hervorzuziehen. (…)
Ferdinand Möllers moderne Galerie ist ein Ort, wo man der Ruhe pflegen kann. Man setzte sich einfach vor eine Wand und schaut zu, wie sich die Bilder benehmen. Möller war einer aus der großen Reihe der Flechtheim, Thannhauser, Cassirer, Walden usw., die dem neuen Jahrhundert den Geist des alten fortgenebelt haben. Insofern war er ein klassischer Kunsthändler. 1923 hat er in New York die deutschen Expressionisten gezeigt. Ohne nennenswerten Erfolg. Damals sagte ihm ein amerikanischer Kritiker, das sei noch 20 Jahre zu früh. Der Kunsthandel hat eigenartige Gesetze. (…) Es gibt in Köln reiche Leute mit weithin hallenden Namen, eine ganze Schicht, die noch nie die weltbekannte Galerie von Ferdinand Möller betreten haben. Dagegen ist Dr. Max Adenauer, der Verwaltungschef der Stadt Köln, Sohn des Bundeskanzlers, regelmäßiger Galerie-Besucher.“

Das Haus von Dr. Haubrich wurde indes zum Treffpunkt kunstinteressierter Menschen, die oft bis tief in die Nacht über die Moderne diskutierten. 1922 war Haubrich Witwer mit zwei kleinen Kindern. Wohl auch nach einer Mutter für die beiden zu suchen, heiratete er 1923 Dora Anna Amalie Antonie Timmermanns. Die Ehe wurde jedoch geschieden und 1929 heiratete er die Frauenärztin Alice Gottschalk – eine Jüdin, mit der er als lebensfrohes Paar oft den Mittelpunkt auf den legendären Künstlerbällen bildete. Aber das Glück wurde vom Lauf der Geschichte eingeholt und 1938 musste seine Frau ihre Arztpraxis schließen. 1944 nahm sie sich das Leben, um sich so einer Vernehmung durch die Gestapo zu entziehen. Unter dem Eindruck der privaten Verfolgung blieb Josef Haubrich trotz allen Widrigkeiten der modernen Kunstrichtung treu, die so sehr gehasst wurde von den Nationalsozialisten. Weil er mit einer Jüdin verheiratet war, verlangten die Nationalsozialisten, dass er den Kölnischen Kunstverein verlassen sollte. Eine Forderung, der man im Kunstverein jedoch nie wirklich nachkam und so blieb Haubrichs Einfluss auf die Entwicklung der Kunstszene in Köln ungebrochen. Sein Haus kristallisierte sich als wichtiges Zentrum der Moderne heraus. Hier waren die Gemälde noch sicher vor dem Zugriff der Machthaber, die mittlerweile eine Kommission durch die deutschen Museen schickte, die ‚entartete’ Künstler entfernen sollte. Als man seinen Kanzleisozius bedeutete, er solle sich von Haubrich trennen, wurde es immer enger für Josef Haubrich. Er arbeitete nun in seiner Wohnung und erhiel auch eines Tages Besuch von der Gestapo, die die Bilder an seinen Wänden argwöhnisch beäugten. Da man zu diesem Zeitpunkt noch eine gewisse Akzeptanz für französische Künstler hegte, verfiel Haubrich auf einen Trick: er behauptete zum Beispiel Carl Hofer sei Franzose. Charles Hofer! Und die Gestapo-Schergen hatten sowieso von nichts eine Ahnung und kauften ihm das auch so ab!!

In den nächsten Jahren widmete sich Josef Haubrich allerdings eher seiner Anwaltstätigkeit. Als Sammler waren ihm vielfach die Hände gebunden. Auch die geliebten Parisfahrten wurden nach Kriegsausbruch kaum noch möglich. Gegen Ende des Jahres 1944 fand er in der Ehe mit Paula Anna Berta Wegelin ein wenig Trost. Der Krieg hat auch seine Spuren bei Haubrich hinterlassen, gegen Ende war sein Sohn Karl-Klaus gefallen. Trotzdem hatte er sich nicht unterkriegen lassen. Die Nachkriegsjahre sollten jedoch nicht unbedingt einfach werden. Man hatte natürlich auch zunächst einmal andere Sorgen, als sich mit moderner Kunst zu beschäftigen. Doch langsam wuchs auch ein gewisser Hunger nach Bildung, nach Kunst und Literatur aus den Trümmern. Und ganz überraschend war, dass man offensichtlich Haubrich und seine Sammlung auch im Ausland kannte. Ein amerikanischer Besatzungsoffizier, zuständig für den Bereich der Kunst, begutachtete die Bilder der Sammlung und engagierte Haubrich als Anwalt vor dem Militärgericht.

Als die amerikanischen Fronttruppen am 21. Juni 1945 von den britischen Besatzungsmächten abgelöst wurden, verschlechterte sich die Lage für Haubrich und er geriet nach der Beschlagnahmung seines Privathauses zunehmend unter Druck. Das mag den Ausschlag gegeben haben für die Schenkung seiner Sammlung an die Stadt Köln. Auf diese Weise setzte Haubrich zudem noch ein Zeichnen der Hoffnung in einer Stadt, die zerstört war, wie kaum eine andere deutsche Stadt. So war man hier in der Lage an die Aufbruchstimmung der frühen Jahre – mit Sonderbund- und Werkbundausstellung hatte sich Köln zu dem Zentrum für moderne Kunst neben Berlin aufgeschwungen – durchaus wieder Anschluss zu finden.

„Wer diese Sammlung gesehen hat, der weiß, dass es sich hier um ein ganz besonders großzügiges Werk eines bedeutenden Sammlers handelt. Man kann wohl sagen, dass hier nicht etwa nur der Grundstock eines Museums gepflegt, sondern geradezu ein Museum moderner Kunst geschaffen worden ist.“

Diese Worte Prof. Nipperdeys (SPD) anlässlich der Schenkung eingedenk, mag man die Enttäuschung der vor wenigen Wochen in Argentinien verstorbenen Tochter Haubrichs verstehen, die gerne gesehen hätte, dass im heutigen Museum Ludwig auch der Name ihres Vaters stärker hervorgehoben würde. Immerhin hat man in der Neugestaltung des Hauses nach dem Auszug des altehrwürdigen Wallraf-Richartz-Museums der Sammlung Haubrich eine prominente Präsenz gegeben. Die von Gerhard Marcks geschaffene Porträtbüste Haubrichs bildet zudem noch einen zentralen Punkt, an dem die Biographie des Sammlers und Mäzen dem Museumspublikum vermittelt wird.

Josef Haubrich spielte in der Nachkriegszeit als Vorsitzender des Kulturausschusses im Stadtrat eine zentrale Rolle vor allem auch beim Bau des preisgekrönten Museumsbaus von Rudolf Schwarz, in dem ab 1957 seine Sammlung damals glanzvoll präsentiert werden sollte.

riphahn_haus_haubrich.jpg
Haus von Josef Haubrich in Köln (Architekt: Wilhelm Riphahn).

1951 ließ er sich ein Haus von Wilhelm Riphahn bauen, das auch in der Architektur seinen Anspruch als Kunstsammler verdeutlichte. Ein gewagter Rundbau – das so genannte Tuskulum – beherbergte all seine Bilder und Bücher.

„In dem Hause, das er sich von Wilhelm Riphahn – dem Kölner Architekten der neuen Zeit – an den Rand der Stadt (Müngersdorf, Kämpchensweg 1) setzen ließ, lebte in Form und Inhalt die Welt selbstverständlichen, klaren, ungezwungenen, ungekünstelten, erdhaften und materialgebundenen Benusses. Hier grüßten Gemälde seiner Sammlung die vielen Gäste. Sein fülliges, animalisches Wesen, sein wacher Geist waren die Triebböden einer geselligen Anekdoten- und Geschichtensucht.“
(Peter Fuchs, Josef Haubrich. Sammler und Stifter moderner Kunst)

Haubrichs privates Leben nahm noch einmal eine turbulente Wende, als er 1960 als fünfte Ehefrau Lucy Millowitsch heiratete. 1961 starb Josef Haubrich in Bad Münstereifel nach einem erfüllten Leben für die Kunst. Seine Vaterstadt ehrte ihn 1979 mit der Namensgebung für die neue Kunsthalle, die heute allerdings auch schon Geschichte ist. So bleibt der Platz neben dem Heumarkt, an dem in Zukunft ein großartiges Kulturzentrum seinen Platz erhalten soll, in der Erinnerung der Kölner an einen wichtigen Mitgestalter des Kölner Geisteslebens.

Share

6 Antworten zu “Josef Haubrich – ein Leben mit der Kunst”

  1. Schöner Artikel! Eine Frage zu „So ist es trotz aller Kenntnis und Beschäftigung mit dem Kunstbetrieb folgerichtig, dass er 1907 ein Jurastudium beginnt. Im Wintersemester zieht es ihn nach München.“ – Peter Fuchs schreibt, er sei im Sommersemester 1907 nach München und im Winter darauf nach Berlin gegangen, abgeschlossen dann (1910) in Bonn. Was stimmt? Grüße, e.

  2. Liebe Ute,

    ja, oft ist das Leben tragikkomisch.
    Ui, und mir ist eine fachliche Frage durchgegangen, merke ich gerade. 2010 war gerade die Zeit, in der ich das Blog vernachlässigte….

  3. Ein schöner Bericht. In einem Brief meines Vaters, Heinz Huber vom 20.7.1947 finde ich einen Bericht über den Besuch der „Haubrich- Ausstellung“ in Stuttgart. Angesprochen sind Werke von Maillol, Kokoschka, Nolde Dix und Fuhr. Ist Ihnen über die Ausstellung etwas bekannt?

    • Lieber Martin Huber,

      leider weiß ich nichts über die von Ihnen genannte Ausstellung. Das lässt sich aber doch sicher recherchieren, oder? Interessant, dass Haubrich offenbar mit einer Ausstellung durch die Republik gereist ist. Mich würde interessieren, was Ihr Vater darüber schrieb.

      Freundliche Grüße
      Anke von Heyl

Kommentar verfassen