Schloss Freÿr – Gartenkunst mit Geschichte und Seele


Für Liebhaber historischer Gärten und kunstvoller Landschaftsgestaltung ist Schloss Freÿr an der belgischen Maas ein absolutes Juwel mit starker Ausstrahlung. Hier begegnet man nicht nur prachtvoller Gartenarchitektur, sondern auch einer Haltung, die den Garten als lebendiges Kunstwerk versteht – voller Wandel und mit anregenden Perspektiven an jeder Ecke.

Ein barockes Ensemble mit zeitlosem Reiz

Die Gartenanlage des Schlosses ist wie ein gemaltes Bild – mit klaren Sichtachsen und überraschenden Blicken auf die wilde Landschaft an der Maas. Exakte Kompositionen wie die eines Carrées aus 144 geschnittenen Linden, geben einen Rahmen für das gefällige Flanieren. Nicht von ungefähr erinnert die Gestaltung an Versailles, das Role Model für alle Gärten des Barock. Als ich auf Einladung von Visit Wallonia zu Besuch war, hat mich aber vor allem eines überrascht: Eine Offenheit für das Ungeplante: Wildblumen dürfen blühen, alte Stämme stehen als skulpturale Elemente im Gartenhäuschen, ein sterbender Baum erhält junge Pflanzen zum Geleit.

Wer verantwortet das alles? Sébastien Conil, der Chefgärtner von Freÿr, ist ein Künstler seines Fachs. Für ihn ist ein Garten nicht nur eine historische Pflicht, sondern ein lebendiger Ausdruck von Ästhetik. „Der Baum entscheidet selbst, wann er geht“, sagt er – und meint damit einen respektvollen Umgang mit dem natürlichen Zyklus. Immer wieder macht er klar, wie eng er sich dem Garten verbunden fühlt, wie achtsam er mit allen Aspekten der Gestaltung umgeht. Es war ein großer Genuss, mit seinen Augen durch diesen wunderbaren Garten zu flanieren. Vor meinem inneren Auge lupfte ich den imaginären Reifrock!!

Ein Ort für Pflanzenliebhaber mit Sinn für Geschichte

Die Gärten – zum Teil labyrinthartig angelegt – zeugen von handwerklicher Meisterschaft und botanischem Wissen. Die sechs Kilometer langen Laubengänge sind nicht nur Spazierwege, sondern grüne Korridore der Erinnerung. Und die Orangenbäume sind natürlich das Highlight. Sie stehen in handwerklich bemerkenswerten Kisten und werden im Winter in einer ganz besonderen Orangerie aufbewahrt, die nicht wie üblich aus Glas besteht, sondern ein Backsteinbau ist, in der ein für die Bäume optimales Klima erzeugt werden kann. Wie stolz man auf die zum Teil 300 Jahre alten Zitruspflanzen ist, ist kaum zu übersehen. Besonders spannend für Pflanzenkundige: Man verzichtet bewusst auf das Zukaufen neuer Bäume, um Krankheiten nicht einzuschleppen. Stattdessen wird auf alte Sorten, Wissen und Geduld gesetzt – ein Prinzip, das sich in der Qualität und Langlebigkeit der Anlage spiegelt.

Neben den Pflanzen ziehen im Garten aber auch die interessanten Doppelgesichter alle Blicke auf sich. Sie markieren den Übergang von den unteren Terrassen auf die Hügel, wo der Frédéric-Saal-Pavillon, ein Meisterwerk des Rokoko, eine majestätische Perspektive auf den Fluss öffnet.

Ein Refugium für Ästheten

Ob als Gärtnernde, Kunstliebende oder einfach als jemand mit offenem Blick – wer sich auf Freÿr einlässt, wird nicht nur inspiriert, sondern mitgenommen und bewegt. Hier zeigen sich feine Nuancen zwischen Ordnung und Wildheit, Kunst und Natur. Ein Ort, der lange nachklingt.

Übrigens schwirrte mir ganz plötzlich der erste Satz von Goethes Wahlverwandtschaften im Kopf herum, als wir an einem schwül-heißen Nachmittag durch den Garten von Schloss Freÿr spaziert sind:

„Eduard – so nennen wir einen reichen Baron im besten Mannesalter – Eduard hatte in seiner Baumschule die schönste Stunde eines Aprilnachmittags zugebracht, um frisch erhaltene Pfropfreiser auf junge Stämme zu bringen.

Sein Geschäft war eben vollendet; er legte die Gerätschaften in das Futteral zusammen und betrachtete seine Arbeit mit Vergnügen, als der Gärtner hinzutrat und sich an dem teilnehmenden Fleiße des Herrn ergetzte.“


Transparenzhinweis: Ich wurde von Visit Wallonia zu dieser Reise eingeladen. Die Kosten für Unterbringung, Verpflegung sowie sämtliche Führungen wurden vollständig von Visit Wallonia übernommen. Es bestand keine Verpflichtung zur Berichterstattung, meine Meinung bleibt davon unbeeinflusst.

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3 Antworten zu “Schloss Freÿr – Gartenkunst mit Geschichte und Seele”

  1. Und sehr cool: man konnte an so einer mittelhohen Hecke vorbeilaufen, so dass die Herren auf der anderen Seite nicht die Knöchel sehen konnten!

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