Das letzte Gericht. Ein Lesevergnügen

Und es gibt – wir haben ja Ferienzeit – gleich die nächste Buchempfehlung im Blog. Wie der Zufall es wollte, habe ich beim be.bra Verlag ein Buch gewonnen \O/

Das letzte Gericht. Was berühmte Menschen zu Schluss verspeist haben“ hatte sofort meine Neugier erregt. Denn wie man vielleicht weiß (wenn man hier mitliest), bin ich ein erklärter Fan der Kombination Kulinarik und (Kunst)Geschichtsvermittlung. Ich bin da sehr anspruchsvoll, was die Inhalte angeht. Und wurde absolut nicht enttäuscht. Warum das Buch so toll ist, versuche ich hier mal näher zu beschreiben.

Kennt ihr das? Ein Titel, der verheißungsvoll klingt, genau euer Thema und dann … lahm recherchierte Stories, Altbekanntes neu verpackt, nur um genug Masse zu erzeugen. Nicht so hier. Richard Fasten hat nicht nur einen Schreibstil, der ein Lesevergnügen ist. Auch seine Geschichten haben mich ein ums andere Mal überrascht. Ihr wollt natürlich Beispiele!?!!

Mehr als man erwartet

Man muss diese Sammlung verschiedener kurzer Geschichten (samt dazugehörigen Rezepten) ja nicht in einer bestimmten Abfolge lesen und so beschloss ich, mich vom Inhaltsverzeichnis leiten zu lassen. Mh, mal schauen, wer interessiert mich am meisten? Und meine Wahl fiel auf Goethe. Zum einen verbinde ich von Deutsch-Leistungskurs über Germanistik-Studium bis zu diversen Ausstellungszusammenhängen so viele Erlebnisse mit dem Dichter. Zum anderen dachte ich mir: Ha! Da kann ich am ehesten überprüfen, was der Autor auf der Pfanne hat 🙂 Ja, ein bisschen sportlicher Wettkampf muss erlaubt sein 🙂

Was waren noch mal Goethes letze Worte? Von wegen „Mehr Licht“ und schon gar nicht „Mehr nicht“. Nein, es war – laut Richard Fasten: „Frauenzimmerchen, gib mir dein Pfötchen“. Gut, der ein oder andere mag jetzt quengeln, wo denn die Quellenangabe zu finden ist. Mit Fußnoten hat Fasten nichts am Hut und ich vermisse das auch überhaupt nicht. Denn durch die lebensnahe Beschreibung der letzten Stunden berühmter Menschen hat man eh das Gefühl, direkter Augen- und Ohrenzeuge zu sein. Und es ist sehr emotional, wie einen der Autor mitnimmt in die Stube, in der Goethe geschwächt von einer fiesen Lungenentzündung nur von seiner Schwiegertochter gepflegt, aus dem Leben scheidet. „Mit dem Zeigefinder der rechten Hand malt er noch rätselhafte Zeichen in die Luft, doch keiner der Umstehenden kann sie entziffern.“ Ach ja, was war sein letztes Gericht? Ein Glas Madeira. Fasten erlaubt sich den kleinen Scherz und nennt es Digestif „Des Pudels Kern“. Ihr seht, es geht also nicht unbedingt um ausführliche Rezepturen und kulinarische Finessen – die Rezepte sind da, wo es nötig ist, etwas ausführlicher, meistens aber eher eine Aufzählung der Zutaten und eine knappe Beschreibung der Zubereitung. Das Buch glänzt indes vor allem durch die Geschichten, die das Leben schrieb.

Ordentlich aufgetischt

Es gibt sie natürlich auch, die Gourmets in diesen Geschichten. Zum Beispiel liest sich das Menü zum Fingerschlecken, das sich der berüchtigte Mafioso Joe Masseria 1931 in der Spaghetteria „Nuova Villa Tammaro“ servieren ließ, bevor er kaltblütig verraten und von Kugeln durchsiebt wurde: Sizilianisches Menü „Capo di Tutti Capi“: Antipasti. Linguine in Marinarasauce. Spaghetti alla Milanese. Hummer Fra Diavolo. Sizilianisches Hefegebäck. Espresso.

Äußerst überraschend war das letzte Gericht von Francois Mitterand. Habt ihr schon mal von Ortolanen gehört? Ich kannte die zumindest nicht und bin auch sehr froh, dass seit 2000 die französische Regierung dieses Spezialität vom Speiseteller verbandte. Bei mir haben sich schreckliche Bilder im Kopf breit gemacht ob der Beschreibung, wie man diese kleinen Vögel mit allem drum und dran in den Mund schieben soll.

john

Geschichtsvermittlung über das Essen

Wieder einmal fühle ich mich bestätigt, dass man mit Alltagserlebnissen hervorragend Geschichte vermitteln kann. Essgewohnheiten verraten die kulturgeschichtlichen Gegebenheiten ebenso wie die persönlichen Vorlieben. Mir gefällt diese Perspektive auf das Zeitgeschehen und auf berühmte Persönlichkeiten. Skurillitäten inklusive, wie das Verspeisen von Seiten der Bibel, das dem äthiopischen König Menelik II. Ende des 19. Jahrhunderts nachgesagt wurde. Auch Banales kann viel erzählen. Das prosaische Corned-Beef-Sandwich von John Lennon berührte mich sehr! Ebenso die Tasse Kaffee, die sich Kleist vor seinem Freitod an das Seeufer bringen ließ.

Und noch einmal ein Beispiel für beeindruckende Hintergrundrecherche, das ich rauspicke, weil ich mich schon mit dem Thema beschäftigte. Anlässlich einer von mir entwickelten Krimitour durch Köln. Der Vampir von Düsseldorf (im Klingelpütz 1931 hingerichtet) – das ist eine im Rheinland sehr bekannte Geschichte eines Lustmörders. Ich hatte damals viele Details zusammengetragen. Wie Peter Kürten – so hieß der Mörder – schon als Kind mordete und dass er Schwäne tötete, um ihr Blut zu trinken. Alle schauerlichen Fakten, die ich fand. Dass aber Gottfried Benn über den Vampir von Düsseldorf schrieb und dass Fritz Lang ihn als Vorbild für „M – eine Stadt sucht einen Mörder“ auswählte, das war mir neu.

Solche und andere spannende Infos machen mir das Buch noch einmal wertvoller! Und ich freue mich natürlich doppelt und dreifach über meinen Gewinn! Vielen Dank noch einmal, liebes Social Media Team vom be.bra Verlag.

Berühmte Persönlichkeiten

Damit ihr auch neugierig werdet und euren heimlichen Favorit unter den Geschichten finden könnt, liste ich hier alle besprochenen Berühmtheiten nochmal auf:

Alexander Aljechin, John Jacob Astor, August der Starke, Andreas Baader, Francis Bacon, John Belushi, Tycho Brahe, Susanne Margaretha Brandt, Buddha, Nicolae Ceausescu, Kaiser Claudius, Kurt Cobain, James Dean, Lady Diana Spencer, Marlene Dietrich, Rudi Dutschke, Elisabeth „Sissi“ von Österreich-Ungarn, Mama Cass Elliot, Falco, Mahatma Gandhi, Johann Wolfgang von Goethe, Hannibal, Bruno Richard Hauptmann, Ernest Hemingway, Jimi Hendrix, William Holden, Michael Hutchence, Jesse James, Jesus von Nazareth, Janis Joplin, John F. Kennedy, Heinrich von Kleist, Kleopatra, Peter Kürten, Julien Offray de La Mettrie, John Lennon, Ludwig II., Marie Antoinette, Joe Masseria, Menelik II., Francois Mitterrand, Molière, Marilyn Monroe, Rudolph Mooshammer, Rosemarie Nitribitt, Ötzi, Marco Pantani, Papst Alexander VI., Elvisw Presley, Luisel Ramos, Grigori Rasputin, Franklin D. Roosevelt, Robert Schumann, Nicole Brown Simpson, Franz Josef Strauß, Maria Stuart, Francois Vatel, Gianni Versace, Anton Webern, Natalie Wood.

 

 

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Kommentare

2 Antworten zu „Das letzte Gericht. Ein Lesevergnügen“

  1. Avatar von ww

    Liebe Anke,

    ich hab das Cover schon mal gesehen, aber jetzt weiß ich endlich, worum es dabei geht. Danke für den Beitrag! Es klingt sehr spannend und interessant. Mal sehen, wann ich so Urlaub habe…

    Liebe Grüße
    Wera

    1. Avatar von Kulturtussi
      Kulturtussi

      Liebe Wera,
      das ist perfekte Urlaubslektüre! ich freu mich schon wahnsinnig auf mein Wöchelchen Mitte August. Wir fahren in die Schweiz und wahrscheinlich über Basel …
      Herzlichst
      Anke

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