Und dann war da noch Basel

Nach zwei Stunden Zugfahrt kommt ein Blogger-Trüppchen von Karlsruhe in Basel an und ich mache direkt große Augen. Was für ein Bahnhof. Also der von der SBB. Der hat ein ganz besonderes Flair. Ich stelle mir sofort vor, dass man hier eine Abschiedsszene in einem romantischen Liebesfilm spielen könnte. Riesige Wandgemälde werben für die Schönheit der Schweiz, die Schalter sind hinter Holzvertäfelungen. Das alles macht schon mal mächtig Eindruck. Und es geht so weiter. Ich sehe ständig neue spannende Ecken in der Stadt.  Und beschließe sofort, auf dem Weg zu unserem jährlichen Engadin-Aufenthalt hier im August wieder vorbeizukommen. Weil ich mich in der Fondation Beyerler auf die fantastische Marlene Dumas konzentriert habe, steht noch der Gang durch die ständige Sammlung an. Unsere #kbreise15 war zum Anfüttern gerade richtig! Ich habe euch mal die schönsten Sachen rausgepickt!

Entdeckungen

Ich mag das ja sehr, wenn man als Tourist zu den Orten geführt wird, wo das Leben tobt. Und so kommen wir in den Genuss einer kleinen Rhein-Rundfahrt. Klasse. Man sitzt gemeinsam auf einem Rhein-Taxi, nimmt einen Aperitif, knabbert ein paar Snacks und kann sich wunderbar ungezwungen schon mal warmquatschen. Essen gibt es dann auf dem Schiff, einer angesagten Baseler Location. Oben auf Deck lecker Essen und unten im Rumpf tobt eine Party – das wäre doch auch mal was für Köln!  Der Abend ist lauschig, das Gewitter hält sich bis zum Schluss zurück. So muss ein Sommerabend sein!

bötchen

Das Schnitzel-Jagd-Event am nächsten morgen habe ich schon mit großer Neugier erwartet. Bin ja quasi Stadtralley-Expertin und so besonders gespannt, wie die Baseler das umsetzen. Ich wurde nicht enttäuscht. Michelle und Tamara haben ja schon über die Tabtour berichtet. Pluspunkt der digitalen Schnitzeljagd ist aus meiner Sicht ganz klar die Möglichkeit, live mit einem Spielleiter zu chatten. Wir haben zum Beispiel völlig verzweifelt nach einem Grab am Baseler Münster gesucht und ich konnte nachfragen, ob wir denn auch in der richtigen Ecke unterwegs waren. Das finde ich super. Ein bisschen unterschätzt haben wir in unserem Team, dass man auch strategisch vorgehen sollte – zuerst die Aufgaben, die 100 Punkte bringen! Tja, das mit dem gewinnen haben die anderen besser hingekriegt 🙂 Ich wollte eigentlich zwischendrin auch noch die Schönheiten Basels genießen. Aber aus eigener Erfahrung weiß ich, wie der Spannungsbogen steigt, wenn man Zeitstress hat! Denn das Tablet schaltet sich nach Ablauf der Zeit gnadenlos ab! Auch wenn manche der Aufgaben eher so Junggesellinen-Abschieds-Niveau hatten – es macht schon irren Spaß!

schnitzeljagd

Museums-Highlight

Basel hat eine erstaunliche Museumsdichte. Das reicht für nächsten paar Jahre, um immer einen Besuchsgrund zu haben. Das Tinguely-Museum, Schaulager, Museum der Kulturen – und natürlich die Fondation Beyeler! Manche meinen ja, es sei das schönste Museum weltweit. Diese Umgebung, der schlichte aber beeindruckende Piano-Bau, die Sammlung und immer wieder sensationelle Sonderausstellungen – wer will da widersprechen 🙂

Ach, das muss ich euch unbedingt auch noch reinreichen. Wird wohl das kleinste Museum der Welt sein!

minimuseum

Marlene Dumas

Die Ausstellung läuft ja noch bis zum 6. September. Deswegen vorab eine unbedingte Besuchsempfehlung! Ich war durch viele Berichte darüber schon entsprechend eingestimmt. Eine Malerin, die zu der Riege der künstlerischen Superstars zählt – so will ich mal ganz verkürzt meinen Eindruck von ihr wiedergeben. Ich habe noch nichts live von Marlene Dumas gesehen. Und dann stehen wir im ersten Raum ihrer Ausstellung und ich werde so schnell von der Ausstrahlung ihrer Malerei gepackt, dass ich mir gar nicht richtig bewusst werden konnte, was da geschieht. Marlene Dumas. The Image as Burden – so der Titel ihrer ersten Retrospektive in Europa. Die Last der Bedeutung. Die Last, mehr zu sein, als nur ein Bild. Solche Impulse geben meinem Hirn Futter. Ich mag es, wenn Künstler mit ihren Werken einen Gedankenprozess deutlich machen. Wenn zu viel Konstruktion zu erkennen ist, wende ich mich schnell ab. Hier aber, bei Marlene Dumas, spüre  ich so viele Herausforderungen, dass man mit einem bloßen Rundgang durch die Ausstellung gar nicht mehr nachkommt. Im Katalog lese ich ein passendes Zitat von Salman Rushdie: „Alle Geschichten werden heimgesucht von den Gespenstern der Geschichten, die sie hätten sein können!“ Das trifft es!

Der Katalog ist toll. Ich werde ihn mir noch einmal genauer vornehmen. Eine fantastische Idee, dort neben der Künstlerin auch zahlreiche Akteure der Kunstszene, wichtige Wegbegleiter der Künstlerin mit ihrer Sichtweise auf ihre Kunst zu Wort kommen zu lassen.

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Marlene Dumas Broken White, 2006 Öl auf Leinwand, 130 x 110 cm Courtesy Gallery Koyanagi © Marlene Dumas Foto: Peter Cox, © 2015, ProLitteris, Zürich

Es gibt also eine Menge Geschichten, denen es nachzuspüren gilt. Direkt beim ersten Bild dachte ich: Picasso! Noch bevor es Diana Blome ausgesprochen hatte. (So heißt die Kollegin aus dem Führungsteam, die uns lebendig und anregend durch die Ausstellung begleitet hat! Danke dafür!) Es war zwar nur ein kleines Stückchen Bein, das mich an Studien zu den Demoiselles d’Avignon erinnerte. An anderer Stelle wird die Auseinandersetzung Dumas‘ mit dem Jahrhundertkünstler expliziter. „Missing Picasso“. Wir verfolgen aber auch die Beschäftigung mit der Apartheid in ihrer südafrikanischen Heimat oder die Transformation persönlicher Trauer nach dem Tode ihrer Mutter. Indem sie Berühmtheiten an ihrer Statt trauern lässt, schafft die Künstlerin eine Umwandlung der eigenen Betroffenheit in Bilder, die dem kollektiven Gedächtnis entstammen können.

Was kann Malerei, das Fotografie nicht schafft? Diese Frage ist ja bereits im 19. Jahrhundert gestellt worden. Nun stellt sich die Frage bei Marlene Dumas erneut. Im Zeitalter der zu Tode reproduzierten Bildhaftigkeit ist das natürlich noch einmal eine ganz eigene Herausforderung. Broken White ist eine Arbeit, die sich auf ein Foto von Nobuyoshi Araki zurück geht. Dumas nutzt für ihre Malerei Fotovorlagen, die für sie einen Impuls zur malerischen Umsetzung liefern. So auch im Falle des Fotokünstlers, der vor allem für seine gewagten Aktbilder bekannt ist. Marlene Dumas zoomt aus der Vorlage das Gesicht ganz nah heran und gibt dem Ganzen mit dem Titel noch eine besondere Wendung. Gebrochenes Weiss – man muss die Assoziationskette nur ein kleines bisschen ankurbeln, schon stellen sich ganz viele Deutungsmöglichkeiten ein. Die Schnittstelle zwischen Ekstase und Schmerz (Araki ist auf Bondage-Fotografie spezialisiert) spielt da hinein. Aber auch wenn man dem Weiß nachspürt, eröffnen sich emotionale Höhen und Tiefen. Es wird deutlich, welche Erweiterung das Ausgangsbild genommen hat. Einzig durch den Fokus, den die Künstlerin setzt. Das kann man mit jedem einzelnen Bild der Ausstellung erleben. Ich bin zutiefst beeindruckt!

 Meeting the Curator

Überraschung zum Schluss.  Blonderblog  haben mir ihren Gewinn von der Ralley überlassen (schöner Beitrag übrigens zur Dumas!)  So kam ich mit Michelle und Angelika zu einem Blitz-Interview mit Raphael Bouvier, der uns mit großer Begeisterung von der kommenden Dubuffet-Schau erzählte. Wieder ein Künstler, den ich super spannend finde und weswegen ich von Köln nach Basel huschen würde. Sind ja auch nur 4 Stunden, letztendlich. Katzensprung. Aber ich schweife ab! Was wird das Besondere an der Schau des Art-Brut-Vertreters sein? Bouvier entwirft uns die Vision eines Künstlers, der weit in die heutige Zeit hineingewirkt hat. Angelika will das Interview im Wortlaut wiedergeben. Also verweise ich euch jetzt mal auf Musermerku.

Mir ist Dubuffet nicht zuletzt wegen seiner Haltunng dem etablierten Kunstbetrieb gegenüber immer schon sympathisch gewesen. Bekennender Anhänger eines kreativen Durcheinanders war er. Wie viel Energie er damit frei setzte, soll die große Sonderausstellung zeigen. Bis es soweit ist, kann man schon mal prima durch die Sammlung klicken. Dort ist Dubuffet nämlich breit vertreten. Aus Gründen! Denn Beyeler war Dubuffets Galerist.

Impressionen einer Reise

Zum Abschluss noch einige Impressionen aus Basel und der Fondation Beyeler. Vielen Dank Nadja Elia-Borer von Kunst & Design Museen Basel für die Einladung und danke auch Mirjam Baitsch und Elena DelCarlo sowie natürlich Raphael Bouvier für den netten Empfang im Museum!

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Kommentare

5 Antworten zu „Und dann war da noch Basel“

  1. […] Und dann war da noch Basel (Kulturtussi, 14. Juni 2015) […]

  2. Avatar von Angelika

    Liebe Anke,

    danke für den Überblick über Basel! Es hat mich gefreut, mit dir bei der Tabtour in einem Team zu sein – ich fand uns ziemlich gut! (Ok, wie man die Seiten einer Pyramide zählt, müssen wir nochmal üben…) Aber wir landeten immerhin auf Platz 3 – und bei Olympia wäre das ein Treppchenplatz! 😉

    Als Siegerinnen der Herzen durften wir dann von der Großzügigkeit der Blonderblog-Girls profitieren und zum Interview mit Raphael Bouvier – besser hätte es nicht laufen können!
    Ich versuche das Interview baldmöglichst zu verschriftlichen, kann aber noch nicht genau sagen, wann es bei MusErMeKu erscheinen wird. Ich sage auf jeden Fall bescheid…

    Viele Grüße
    Angelika

    1. Avatar von kultureventbuero

      Liebe Angelika,
      wir waren ein super Team und haben immerhin bis zur letzten Minute die Aufgaben gelöst! 🙂

      Irgendwie war ich der Meinung, ich hätte ein Foto vom Interview gemacht, aber finde es nicht mehr. Nun denn, freue mich, wenn du es komplett hast. Ich musste meine Blogbeiträge hintereinander weg schreiben – sonst käme ich mit meinen anderen Sachen zu sehr in Tüddel. Aber es ist sicher gut, wenn es sich ein bisschen verteilt. Zumal die Dubuffet Schau ja noch eine Weile hin ist.

      Hab einen schönen Wochenstart und sei herzlich gegrüßt
      Anke

  3. […] beim ersten Bild dachte ich: Picasso! Noch bevor es Diana Blome ausgesprochen hatte“, heißt es auf ihrem Blog. Öhm ja, wenn die beiden das sagen, wird das schon stimmen, war so mein Gedanke. Anke ist […]

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