Schwimmerbecken Rezension Roman Ulrike Anna Bleier

Schwimmerbecken. Ein Brief an die Autorin Ulrike Anna Bleier

Liebe Ulrike Anna Bleier,

ich habe deinen Roman „Schwimmerbecken“ ausgelesen. Dafür habe ich sogar die Lektüre von der genialen Freundin unterbrochen. Denn mit deiner Lesung im Literaturhaus hast du mich so neugierig gemacht. Ich konnte nicht mehr warten, zu erfahren, wie es mit Luise und Bruderherz weitergeht. Was mir beim Lesen in den Sinn kam und warum ich deinen Roman sehr gerne weiterempfehlen möchte, dazu schreibe ich heute mal einen Blog-Brief an dich.

 

Schwimmerbecken. Wie genial ist dieser Titel bitte! Schwimmerbecken – kein Boden unter den Füßen. Schwimmerbecken – Gefahr. Schwimmerbecken – das schafft nicht jeder. Ich will nicht spoilern, aber am Ende erweist sich diese Assoziation ja als richtig.

Aber lass mich zum Anfang springen. Zur Nummer Null. Also normalerweise habe ich bei Dingen, die ein bisschen gruselig sind, sofort keine Lust mehr, weiterzulesen. Ich bin eine ziemliche Memme. Weil mir alles so nahe geht. Und dann halte ich schlimme Bilder im Kopf nicht aus. Der Einstieg in deinen Roman ist ja schon ziemlich – sagen wir mal – blutig. Aber ich habe es sofort als Metapher verstanden. Es ging mir unter die Haut! Und so war es beim Weiterlesen die ganze Zeit. Es schwang etwas Bedrohliches mit. Trotzdem (oder vielleicht gerade deshalb) blieb ich dran!

Du hast die Geschichte in 57 Kapitel aufgeteilt – mit 0 sind es dann 58. Bei deiner Lesung hast du über Experimente bei der Anordnung berichtet. Interessant, denn ich habe mich an keiner Stelle im Lesefluss  unterbrochen gefühlt. Immer bin ich der Geschichte – auch in ihren Rückblicken und Vorausschauen – mühelos gefolgt. Das hin- und herswitchen fand ich super. So konnte ich mir den Kern aus ganz unterschiedlichen Perspektiven anschauen.

Dieser Kern um die Zwillinge Luise und Ludwig ist schon ein fantastischer Plot. Im wahrsten Sinne des Wortes. Trotzdem es eigentlich oft um ganz alltägliche Dinge geht, schwang in meinem Kopf immer etwas Surreales mit. Der verschwundene Bruder, der plötzlich wieder auftaucht. Die Mädchen, die sich vom Kirchturm stürzen. Der brennende Bauernhof. Die toten Katzen. Katzerln.

In „Schwimmerbecken“ geht es immer wieder auch um Sprache. Um fremde Sprache. Um die bayerische Sprachmelodie. Ich fand es ganz großartig, wie es dir gelungen ist, über solche Details die Atmosphäre zu steuern. Aber es gibt auch viele Bilder, die du in meinen Kopf geschrieben hast. Ich sehe das Zimmer von Luise und Ludwig vor mir. Die Küche, in der die Mutter die Suppen auftischt. Und natürlich die Kollbach. Die schwarze Kollbach. Der ganze Roman existiert als Film in meinem Kopf. Mit allen Gefühlen, aber auch Farben und Gerüchen.

Es war mir ein großes Lesevergnügen und dafür möchte ich mich bei dir bedanken. Eine Frage habe ich zum Schluss: das Familiengeheimnis wird nicht wirklich verraten, oder habe ich etwas überlesen? Man ahnt es eher. Und diese Ahnung finde ich tausendmal spannender als jegliche Auflösung es sein könnte.

Ganz herzliche Grüße von deiner Kulturtussi

 

Vielen Dank an die edition lichtung für die Überlassung eines Rezensionsexemplares.

Ulrike Anna Bleier
Schwimmerbecken

Roman, Broschurausgabe, 160 S., 16,90 Euro
ISBN 978-3-941306-30-1

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Kommentare

3 Antworten zu „Schwimmerbecken. Ein Brief an die Autorin Ulrike Anna Bleier“

  1. […] Die Kölner Kunsthistorikerin und Kulturkritikerin Anke von Heyl hat mir einen Brief geschrieben und so nebenbei ein neues Format der Literaturkritik erfunden. Ich freue mich sehr über die kluge und liebevolle Rezension von der Kulturtussi, die man vollständig auf ihrem Blog nachlesen k…. […]

  2. […] Was die Geschichte an sich angeht, so hat sie mich diesmal nicht so sehr gepackt, wie die vom SCHWIMMERBECKEN, Bleiers letztem Werk, mit dem sie dann auch auf die Hotlist der besten Bücher aus unabhängigen […]

  3. […] oft schrägen (im besten Sinne) inhaltliche Wendungen. Ihr müsst einfach auch unbedingt „Schwimmerbecken“ und „Bushaltestelle“ lesen. Aber jetzt kommt mit ihrem neuen Roman ein wahrlich […]

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