Eigentlich wollte ich den Beitrag schon längst schreiben. Dann kam die Blogger-Reise nach Stuttgart dazwischen. Aber jetzt … Beziehungsarbeit – so hatte ich meinen Beitrag für die Veranstaltung „Der Anker im digitalen Raum. Blogs und Online-Magazine“ bei der Bayerischen Museumsakademie überschrieben (Tanja hat bereits einen ausführlichen Beitrag das Gesamtprogramm gewürdigt und mich gleichzeitig motiviert, doch auch noch einmal etwas zu schreiben). Was vielleicht im Bereich von Reise- oder Modeblogs ein bisschen naiv klingen mag , ist für mich einer der wesentlichen Aspekte beim Bloggen im Kulturbereich. Denn wo sich Museen und andere Kulturinstitutionen fragen, wie sie im digitalen Wandel agieren sollten, kann der Aufbau von stabilen Beziehungen im Netz ein Weg sein, von dem nicht nur beide Seiten etwas haben. Sondern auf diese Weise stärken wir die Kultur im Netz. Aber wie kann das gelingen? Meine Gedanken zu Empathie, Relevanz und Nachhaltigkeit.
Soziale Empathie – ein gutes Stichwort!
An dieser Stelle muss ich etwas ausholen. Auch, weil das Stichwort „Beziehungsarbeit“ einen Hintergrund hat, der eine ganz bestimmte Haltung charakterisiert, die ich als Chance für die Zukunft der Kultur begreife. Ich kann die vielen Appelle schon gar nicht mehr zählen, die nach dem offenen Museum rufen. Nach der Denke von den Besuchern her, nach der Partizipation. Gerade im Zusammenhang mit dem digitalen Wandel wird die Öffnung der Museen quasi zur Grundvoraussetzung ausgerufen. In diesem Blogbeitrag vom Frankfurter Historischen Museum sind zentrale Gedanken zum partizipativen Museum enthalten, die eine Marschrichtung vorgeben können! „Digitalisierung setzt also an erster Stelle beim Menschen an, innerhalb und außerhalb der Institution“ heißt es da!
Was bedeutet also dieses beim Menschen ansetzen? Für mich funktioniert hier der unlängst von L. Meijer – van Mensch in einem Vortrag genutzte Begriff der Empathie wunderbar. (Hat übrigens nichts mit unangemessener Emotionalität zu tun!). Er bezieht sich auf ein Selbstverständnis des Museums als Begegnungsraum in der Gesellschaft. Es wundert mich nicht, dass Stadtmuseen immer sehr weit vorne sind in der Umsetzung solcher Ideen. Denn ihre Aufgabe war und ist das Abbilden der Stadtgesellschaft. Ich würde mir diese Haltung aber auch verstärkt für die von mir besonders geliebten Kunstmuseen wünschen.
Gemeinsam pro Kultur
Ich habe die Vision, dass Kulturblogs allgemein zur Stärkung der Kultur beitragen können. (Ich setze jetzt einfach mal voraus, dass wir uns alle über die Notwendigkeit einig sind!) In diesem Zusammenhang vielleicht erwähnenswert: die meisten Kulturblogger haben beruflich mit Kultur zu tun. Bei einigen Gesprächen in der letzten Zeit wurde mir signalisiert, dass Veranstalter von Blogger-Reisen vor allem eines wichtig ist: Qualität und letztlich auch eine gewisse Relevanz der Beiträge. Und wer einen lesenswerten Kultur-Blog führen will, braucht spannende Inhalte für seine Leser. Für mich ist die Beziehung zwischen Kulturbloggern und Museen an dieser Stelle eine klassische Win-Win-Situation. Das beinhaltet aber auch, dass ein Geben und Nehmen von beiden Seiten als zentraler Kern der Beziehung gesehen wird.
Sprechen wir mal kurz über das Thema Reichweite. Klar ist die wichtig. Wenn das Blog keiner liest, bringt es ja nichts. Jetzt gibt es eine gute und eine schlechte Nachricht: Die schlechte zuerst. Kulturblogs sind in der Regel kein Mainstream und existieren in einer Nische. Die gute Nachricht aber ist: genau in dieser Nische erreichen sie diejenigen, die sich für genau diesen Inhalt interessieren. Wird über ein Museum berichtet, so erreicht das die Zielgruppe der kulturaffinen Menschen ohne großen Streuverlust! Der persönliche Stil tut ein übriges dazu, dass hier die Botschaften gut ankommen. Und ich muss bestimmt nicht weiter ausführen, wie wichtig diese Art der Kommunikation heute ist, wo die klassische Werbebotschaft immer weniger gemocht wird. (Gerade wurde mir übrigens dieser sehr lesenswerte Artikel in die Timeline gespült, der sehr schön die Idee der „Relations“ zurechtrückt.)
Hand hoch, wer mit mir der Meinung ist, dass es einfach zu viele sehenswerte Ausstellungen und Sammlungen gibt. Es ist immer wieder eine harte Entscheidung, wo man hinfährt und was leider mal wieder an einem vorüberzieht. Auch im Netz heischt eine Aktion nach der anderen um Aufmerksamkeit. Da fällt übrigens auch gerne mal die Kultur hinten runter. Zugunsten des ein oder anderen Catcontents. Ich möchte an dieser Stelle für Allianzen werben. Denn das Wesen des Bloggens ist auch die Vernetzung. Alleine irgendwas in dieses Internet zu schreiben, reicht nicht. Erst gemeinsam wird man stark. Und gelesen. Oder besucht. Falls jemand noch Anregungen für Kontakte braucht: Drüben bei den Herbergsmüttern haben wir mal eine Liste von Kulturbloggern aus den unterschiedlichsten Bereichen zusammengestellt.
Was kann das Museum für Blogger tun?
Als Sybille Greisinger mich fragte, ob ich einen Vortrag bei der erwähnten Veranstaltung halten wolle, fielen die Stichworte „wie die Kulturblogger die Museen sehen“. Das habe ich mal wörtlich genommen und mir ein paar Eckdaten für das ideale Museum aus Bloggerinnen-Sicht überlegt.
Das ideale Museum für Blogger möchte seine Schätze teilen, hat Gastgeberqualitäten und ist an Feedback interessiert. Eine gute Voraussetzung ist auch die Einstellung, über die physische Hülle des Museums hinaus kommunizieren zu wollen. Und der Wille, im Netz auch sichtbar und erkennbar zu sein.
Vielleicht klingt das ein oder andere banal. Dialog schätzen wir ja alle. Anderes mag vielleicht anmaßend erscheinen. Schätze teilen? Ist ja nicht ganz einfach. Aber wenn man sich jede Aussage einmal genauer anschaut, dann füllt sie sich mit vielen kleinen Stellschrauben. Wenn man hier ansetzen kann, kann man über weitere Schritte nachdenken. Man hat ja die Möglichkeit, da je nach äußeren Bedingungen herumzuschrauben. Ich finde übrigens eine offensive Ansprache der Blogger, wie sie das Museum Neukölln auf seiner Internetseite betreibt, ganz vorbildlich.
Oft lassen sich ja manche Dinge auch im direkten Kontakt miteinander zurechtzuppeln. Denn eines ist mal sicher: jedes Museum hat eigene Rahmenbedingungen, die auch die Kommunikation beeinflussen. Ich brauche ja nicht das Thema Bildrechte näher auszuführen! Da sitzen wir ja alle in einem Boot. Und es ist toll, wenn man sich da gemeinsam über Lösungen verständigt. Wichtig ist hier, dass man weiß, wen man ansprechen kann.
Allianzen für gute Geschichten
Um noch einmal auf die Schätze zurückzukommen, die ich eingangs erwähnte. Das ist das Pfund, mit dem ein Museum in der Beziehungspflege wuchern kann. Wichtig ist, dass man sich auch auf das Erzählen von Geschichten einstellen will und kann. Das heißt, dass man unter Umständen die Sammlung oder die Ausstellung auch mal durch eine andere Brille betrachtet. Wer sich ein bisschen einliest in Blogs und den sozialen Netzwerken, der entwickelt sicher bald ein Gespür dafür, welche Inhalte gut funktionieren. Bei gemeinsamen Gesprächen lassen sich auch bestimmte Perspektiven herausfinden. Und wer eine gute Beziehung pflegt, der wird merken, dass man über gute Pressebilder und Katalogtexte hinaus eventuell auch andere Dinge zur Verfügung stellen kann. Perfekt, wenn der Austausch schon mit einem Vorlauf eingefädelt ist, so dass man dann eine Geschichte auch längerfristig planen kann. Gute Geschichten brauchen oft auch ein bisschen Zeit.
Ein paar gelungene Beispiele, die zeigen, wie so etwas aussehen kann: Die Kunsthalle Karlsruhe hatte zum Kunsthallensommer (ich verlinke hier mal auf Tanjas Blog, wo Isabel Koch über das Format geschrieben hat. Die eigene Seite im Netz dazu wurde leider eingestellt.) Blogger eingeladen sich an die jeweiligen Themen mit ihren Beiträgen anzuhängen. Eine Art Blogparade sozusagen. Es gab für die verschiedenen Themen auch die Möglichkeit, sich am Bildmaterial der Kunsthalle zu bedienen.
Für mich immer noch ein Alltime-Favorit: #myrembrandt von den Pinakotheken. Hier wurde in die Herstellung einer kleinen Replik eines Rembrandt-Porträts investiert, die zu uns Bloggern (es beteiligten sich aber auch netzaffine Menschen ohne Blog) nach Hause kam. Zentraler Aspekt dieses äußerst erfolgreichen Konzepts war die intensive Begleitung der Aktion durch die Social Media Managerin der Pinakotheken.
Aus meiner Sicht dürfte es ruhig mehr solcher Projekte geben. Die sind zugegebenermaßen mit einem nicht unerheblichen Einsatz verbunden. Aber wie ich schon immer gerne sagte: Social Media ist schön. Macht aber viel Arbeit. Klar, es müssen auch die notwendigen Ressourcen vorhanden sein. Aber immerhin wüsste man, wie es geht, wenn man denn mal etwas erfolgreich durchführen wollte.

Anregungen für die Beziehungspflege
Um beim Bild der zwischenmenschlichen Beziehung zu bleiben, hatte ich mir eine kleine Analogie zu den goldenen Regeln für eine gute Ehe erlaubt.
- Zeit füreinander einplanen! Für mich bedeutet das auf der Seite des Museums, dass man Blogs liest, hier vielleicht auch mal kommentiert. Aber auch, dass man sich als Blogger gut vorbereitet und mit den Inhalten der Ausstellung/des Museums eingehender beschäftigt.
- Sagt mindestens einmal am Tag etwas Nettes zu eurem Partner. Na ja, es muss ja nicht jeden Tag sein 🙂 Aber ich finde eine grundsätzlich positive Grundhaltung wichtig.
- Dem Partner zeigen, dass man ihn respektiert! Respekt sollte in jeder Kommunikation das Leitmotiv sein.
- Wenn ihr euch kritisieren müsst, tut es nur liebevoll. Ich finde es wichtig, dass auch kritische Punkte in Blogbeiträgen angesprochen werden. Hier besteht die Chance, dass das Museum über ein Feedback wertvolle Ideen für Korrekturen bekommt. Mein Credo ist allerdings in solchen Fälllen: Lieber lösungsorientiert argumentieren als vernichten!
- Kleine Überraschungen beleben den Alltag! Egal ob eine nette Geste, ein Gefallen oder ein Geschenk. Hier lassen sich natürlich keine pauschal funktionierenden Vorschläge machen. Aus meiner Sicht ist Zeit ein wertvolles Geschenk, über das ich mich immer freue. Oder wenn man Zugang zu Informationen bekommt, die exklusiv sind. Der Fantasie, was nette Gesten sein könnten, sind keine Grenzen gesetzt 🙂
- Nur wer vertraut, kann dem Partner auch ohne schlechtes Gefühl die nötige Freiheit lassen. Vertrauen ist auch bei Blogger-Relations ein wichtiges Thema. Dieses kann sich aber nur einstellen, wenn man einander ein bisschen kennt! Das ist zum Beispiel ein Argument gegen Massen-Einladungs-Mails 🙂
- Streitigkeiten ums Geld gehört zu den häufigsten Trennungsgründen. Ich weiß, dass das Thema Geld ein heißes Eisen ist und unter uns Kulturbloggern auch immer mal wieder thematisiert wird. Es gibt sicher verschiedene Möglichkeiten, miteinander zu kooperieren. Und natürlich kann es auch sein, dass ein Museum ganz konkret einen Text in Auftrag gibt. Dass es mit den bezahlten Blogbeiträgen unter Umständen aber auch mal Schwierigkeiten geben kann, wurde gerade mal wieder klar.

Eigentlich ist alles schon gesagt: Lesenswerte Beiträge zum Thema Blogger-Relations im Museum
Drüben bei In Arcadia Ego gibt es eine interessante Umfrage an österreichischen Museen zum Thema. Michelle van der Veen hat bereits über Grundregeln zur Blogger-Relations geschrieben. Und Angelika hatte die Kunsthalle Karlsruhe im Interview zu den dort stattfindenden Blogger-Events befragt. Und Anika Meier hat darüber geschrieben, wie man Blogger glücklich machen kann. Und auch Tanja verbloggte Tipps für eine erfolgreiche Blogger-Relations. Dort fand ich auch den Hinweis auf den interessanten Beitrag des Joanneums, der das Thema aus der Sicht eines Museums aufgreift.
Ihr seht: eigentlich ist alles schon genau beschrieben. Es kommt letztendlich auf die Strategie an, in die die Ziele der Vernetzung mit den Bloggern eingebaut werden sollte. Und natürlich sei an dieser Stelle auch darauf hingewiesen, dass es ja auch andere Communities und Influencer gibt, mit denen man eine Verbindung zum Wohle der Kultur aufbauen kann. Die Instagramer mit ihren mega Reichweiten sollte man auch mit auf dem Schirm haben. Es kommt immer drauf an, was man vermitteln möchte und welche Zielgruppen man anspren will.
Darüber hinaus halte ich es für eine gute Idee, wenn jede/jeder, der für Social Media in einem Museum verantwortlich ist, sich seine Kontaktliste aufbaut – so wie man das klassischer Weise immer mit einem Presse-Verteiler gemacht hat. Und für die Erstellung einer solchen Liste ist es immer eine gute Idee, verschiedene Kriterien anzulegen. Hier sind dann nicht die Medien relevant, für die sie schreiben. Vielmehr stehen die Blogger für eine gewisse Glaubwürdigkeit in der Netzgemeinde. Und das ist für das Empfehlungs-Prinzip mindestens so wichtig, wie eine gewisse Reichweite.
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