Labyrinthe. Eine Reise zu den berühmtesten Irrgärten der Welt.


Das kann kein Zufall sein. Gerade komme ich kaum aus dem Schwärmen für die Ausstellung „Willkommen im Labyrinth“ heraus, da flattert mir ein wunderschön gestaltetes Buch aus dem Berliner Laurence King Verlag als Rezensionsexemplar auf den Schreibtisch. Der Titel: Labyrinthe. Eine Reise zu den berühmtesten Irrgärten der Welt. Nachdem ich bei meinem Besuch im Marta Herford schon tief in das Thema eingetaucht war, bin ich natürlich jetzt besonders gespannt darauf. Und ich wurde nicht enttäuscht. Das Buch ist gestalterisch eines der schönsten Artbooks, die ich in der letzten Zeit gesehen habe. Wundervolle Illustrationen von Thibaud Hérem entführen in Labyrinthe aus aller Welt und allen Epochen. Die Texte von Angus Hyland und Kendra Wilson sind kenntnisreich und unterhaltsam zugleich. Es ist eine wahre Freude, sich in diesem Buch zu verirren. 

Schon auf den ersten Seiten erfahre ich nützliches Wissen: „Der Unterschied zwischen einem Irrgarten und einem Labyrinth besteht (…) darin, dass man sich in Ersterem verliert und in Letztererem findet.“ Das zeigt auf, welche geistigen Konzepte hinter Labyrinthen stehen können und wie in unterschiedlich die geistesgeschichtlichen Hintergründe für die Entstehung und die Rezeption derselben sein können. In der Einführung des Buches wird die Palette von frühen Ritzzeichnungen bis zum Film Shining aufgetan – eine spannende Reise!! Und wie genial die Idee mit den Illustrationen war! Denn wenn man all die unterschiedlichen Aufnahmen von diversen Irrgarten nebeneinander gestellt hätte, dann wäre das Buch gestalterisch niemals so gelungen, wie es jetzt ist.

Schloß Schönbrunn, Wien © Thibaud Hérem für Laurence King Publishing

Selbstverständlich darf ein klassisches spätbarockes Labyrinth in der Auflistung der berühmtesten Exemplare nicht fehlen. Schönbrunn hat seinen Auftritt!  Auf einer Doppelseite im Buch ist es präsentiert mit einer kleinen Vergleichsabbildung, wo genau es sich in Österreich befindet, ein Maßstab ergänzt die Zeichnung und wie in einer botanischen Registerkarte ist korrekt vermerkt: Europäische Eibe (Taxus baccata). Der Begleittext erzählt ausführlich vom Schicksal des Labyrinths, das 1892 zerstört wurde und 1998 neu angelegt wurde.

Großer Garten, Herrenhäuser Gärten, Hannover © Thibaud Hérem für Laurence King Publishing

Die Feier der Symmetrie manifestiert sich in der barocken Anlage der Herrenhäuser Gärten in Hannover. „Der für die Mächtigen schon immer verführerische Wunsch, der Natur ein Raster aufzuzwingen, galt hier mehr als Präzision.“ Wieviel Geistesgeschichte doch in der Betrachtung solcher Gartenanlagen zu finden ist. Es lohnt sich, sich damit näher zu beschäftigen. Interessant finde ich hier vor allem, dass 1936 die offensichtlich zerstörte Anlage neu geplant wurde auf der Grundlage der Entwürfe von 1674. Der Irrgarten wurde mit Hainbuchen gepflanzt und hat tatsächlich den Krieg überlebt. Hier schienen alte Bande zur britischen Königsfamilie gewirkt zu haben (Hannover!)

 

Theseusmosaik. Kunsthistorisches Museum Wien, Marmor- und Kalksandsteinchen. © Thibaud Hérem für Laurence King Publishing

Das Labyrinth als mythologisches Symbolbild – die Geschichte um Theseus, der mit Hilfe der Ariadne und ihres Fadens aus dem unheilbringenden Irrgarten herausfindet, ist in das kollektive Bilderbewusstsein eingegangen. Hier fehlt mir in der Zeichnung ein bisschen der Gesamtzusammenhang. Denn um das zentrale Bild mit dem Irrgarten finden sich ja weitere Szenen aus dem Mythos. Das Ganze war als Fußbodenmosaik gestaltet und wurde 1815 auf einem Bauernhof nahe Salzburg entdeckt. Das Original kann man hier betrachten.

Am Ende des Buches finde ich noch ein fabelhaftes Glossar, das aufzeigt, wie weit der Bezugsrahmen beim Thema Labyrinth geht: Archäoastronomie – was für ein Wort! Die Verbindung zwischen Himmelsbeobachtungen früherer Kulturen und Labyrinthe ist ein spannendes Feld. Geoglyphen – dazu gehören Erdzeichnungen wie man sie z.B. in Peru findet.

Ich werde mich jetzt ein weiter durch die berühmtesten Irrgärten der Welt irren – die Zeichnungen in Vogelperspektive laden einen ja förmlich ein, dies zu tun. Und ich hoffe, euch vielleicht ein bisschen mitgenommen zu haben. Ihr findet alleine raus, oder?

Herzlichen Dank an den Laurence King Verlag, der mir das Buch zu Rezensionszwecken zur Verfügung gestellt hat. 

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