Sonne im Kölner Dom

Foto: © Raimond Spekking / CC-BY-SA-3.0 (via Wikimedia Commons)

Gerade scheint die Sonne so lange und so oft, dass es schon langsam zu viel wird. Aber ich habe für unsere heutige Kunst am Dienstag ein Werk ausgesucht, welches ihr in einem kühlen Raum betrachten könnt. Und es funktioniert auch am allerbesten, wenn die Sonne ordentlich strahlt! Es ist das berühmte Richter-Fenster im Kölner Dom! Heiß diskutiert von vielen, nicht gemocht vom Erzbischof und für mich ein immer wieder Anlass, mich an der Idee der gotischen Kathedrale zu erfreuen. Da spielte nämlich das Licht eine zentrale Rolle. In Verbindung mit den bunten Kunstwerken der Glasgestaltung bildete diese Architektur ein geistiges Gedankengebäude ab. Das durch die Fenster bunt in den Innenraum der Kirchen strahlende Licht wurde gewissermaßen zur Versinnbildlichung einer Glaubensidee. Eine wunderbare Inszenierung des Transzendentalen! Soweit der intellektuelle Überbau.

Aber einfach nur da stehen und die Spiegelungen der Farben an den in die Höhe schießenden Wänden und Pfeilern zu sehen, das ist einer dieser stillen Momente, die man sich einmal nehmen sollte. Auch und vor allem an einem heißen Sommertag. Gut, es könnte sein, dass vielleicht zur Zeit sehr viele Touristen im Dom umherstiefeln. Mit ihren gezückten Kameras. Aber ich würde es euch trotzdem empfehlen. Geht rein und schaut euch das Richter-Fenster einmal aus der Nähe an.

Gerhard Richter kennen alle als den berühmtesten und teuersten Gegenwartskünstler. Gerne kokettiert er damit, dass er sich nicht in irgendeine Richtung und Deutung einordnen lasse. Auch bei dem 2007 im Kölner Dom installierten Fenster besteht er auf einer gewissen Offenheit der Deutung. Damit kommen manche nicht zurecht, die sich nach gegenständlichen Heiligen-Bildchen sehnen. Dabei kann man gerade durch die Abstraktion die perfekte Übertragung des Glaubensgedankens finden. Bereits in den 6oer Jahren hatte Richter über Kunst und Religion nachgedacht.  „Die Kunst ist nicht Religionsersatz, sondern Religion (im Sinne des Wortes, ,Rückbindung‘, ,Bindung‘ an das nicht Erkennbare, Übervernünftige, Über-Seiende).“

Die Gestaltung des  Fensters geht auf mehrere Vorarbeiten Richters zurück und ist durch das Zufallsprinzip entstanden. Dafür suchte Richter allerdings aus der ihm zur Verfügung stehenden Farbpalette genau die 72 Farben aus, die sich auch in den mittelalterlichen und den Glasfenstern des 19. Jahrhunderts wiederfinden lassen. Das fertige Fenster – es besteht aus 11.263 Quadraten im Format 9,6 x 9,6 – ist sozusagen die Essenz sämtlicher Glasgemälde des Kölner Doms und verdichtet deren Wirkung noch einmal.

Buntes Licht als greifbare Ideen und Gedanken! Das berührt mich und vielleicht spürt ihr auch den Hauch der Geschichte. Mitten in der kühlen Kathedrale. Trotz Touristengewimmel! Die beste Zeit ist übrigens der frühe Nachmittag! Da steht dann die Sonne im richtigen Winkel auf dem Fenster!

Das Foto von Raimond Spekking wurde übrigens nachts aufgenommen! Auch ein fantastisches Lichtschauspiel, wenn der Dom von innen beleuchtet worden ist.

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