Wie gesagt, schätze ich am Barcamp-Format besonders die Möglichkeit, Themen mit Branchenkollegen zu diskutieren. Und so entstand ganz spontan ein Sessionangebot, das ein komplexes Phänomen zur genaueren Betrachtung bringen sollte.
Beim Lesen meiner Timeline bei Twitter sah ich, dass die sehr rührige Nina Simon in ihrem Santa Cruz Museum of Art & History ein spannendes Museum Camp zum Thema Social Impact vorbereitete. In der Ausschreibung hatte mich besonders dieser Satz aufhorchen lassen: A three-day event at which participants work in teams to develop creative techniques for measuring the social impact of non-profit organizations and activities. Like any good summer camp, even the most “serious” activities will be fun.
Schade, dass man nicht mal eben nach Santa Cruz fahren kann. Ich würde mich sofort anmelden!!! Aber warum sollen wir so was nicht auch hier machen?
Wir haben uns dann entschlossen, die Session schon zum stARTcamp in Münster anzubieten. Auch mit dem Hintergedanken, die Diskussion auf dem stARTcamp Ruhr York im Dortmunder U vielleicht weiterzuführen.
Eigentlich hätte die Session zu einem kreativen Brainstorming genutzt werden sollen 😉 Angeregt von dem Impuls aus Santa Cruz hatte ich geplant, die Teilnehmer an kleinen Kreativstationen jeweils Ideen dafür zu entwickeln, was gute Indikatoren für Social Impact sein könnten. Aber wir hatten eine etwas ungünstige Sitzposition in einem zwar beeindruckenden Sitzungssaal, der jedoch kaum Bewegung im Raum zuließ. Allerdings war es klasse, wie rasch sich eine inhaltlich dichte Diskussion entspann und die wollte ich nicht unterbrechen. Also habe ich auf den kreativen Teil verzichtet. Wobei ich das schon gerne mal machen würde. Ein Workshop mit mehr Zeit für so etwas wäre ideal! Ich stehe gerne zur Verfügung 😉
Um die Diskussion in Schwung zu bringen, habe ich ein Schaubild eingebracht, das den Begriff Impact in ein System einordnet, an dessen Spitze er als ultimatives Ziel, gar als zentrale Vision steht. Und zwar als Indikator für gesellschaftlicnhen Wandel. Das ist schon eine Hausnummer! Was bedeutet das für die Kulturinstitutionen, wenn es eigentlich am Ende um gesellschaftliche Veränderung gehen sollte? Richten sie tatsächlich ihre Aktivitäten darauf aus? Da ich das Thema vor allem aus der Perspektive der Museen gedacht habe, fand ich es in diesem Zusammenhang spannend, beim Deutschen Museumsbund zu lesen
Das Leitbild des Museums reagiert dynamisch auf gesellschaftliche und kulturelle Entwicklungen und ist diesen anzupassen. Leitbilder richten sich ebenso nach außen an die Öffentlichkeit wie nach innen an die Beschäftigten, Träger, Freunde und Förderer.
Ein Ansatz, den es in seiner Bedeutung für die Programme und sonstige Aktivitäten unbedingt weiterzudenken gilt. Vor allem, was die Frage nach der Wirksamkeit von Social Media angeht. Liest man den Satz bis zum Ende, dann steht da noch ein interessanter Gedanke. Dass nämlich nicht nur die Außenwirkung bedacht wird sondern auch die nach innen. Meiner Meinung nach auch ein äußerst wichtiger Punkt der Aktivitäten in den sozialen Netzwerken. Da beobachte ich nämlich durchaus, dass sich innerhalb der Institutionen etwas in ihrem Selbstverständnis verändert. Und sei es nur, in der Art und Weise der Kommunikation. Da bewegt sich etwas. Langsam, aber stetig.
In der Diskussion waren wir uns schnell einig, dass es schwierig ist, wenn man die Messbarkeit der Wirkung von Aktivitäten (und Postings, Blogbeiträgen usw.) auf rein zahlenmäßige Aspekte beschränkt. Ein sehr guter Aspekt wurde jedoch von Kai Heddergott in die Diskussion eingebracht: solche Analysen geben Zahlen, die einem die Ruhe verschaffen, an den wirklich wichtigen Dingen zu arbeiten. Das fand breite Zustimmung und es wurde dann z.B. auch der Vorteil von so einem feinen kostenlosen Tool wie Fanpage-Karma allgemein sehr gelobt!
Aber die Diskussion nahm eine andere Richtung. Auch wenn die Kombination mit dem Thema Monitoring ganz wichtig ist. Aber meine Güte, wir hatten 45 Minuten Zeit!!!!
Interaktionsraten, Reichweite und all diese leicht messbaren Dinge sind wichtig. Aber wir alle wissen, dass es nur Zahlen sind, die nichts darüber aussagen, was man tatsächlich bei denjenigen bewirkt, die man erreichen möchte. Wie kommt man dort an aussagefähige Ergebnisse? In der Diskussion wurde deutlich, dass diese Frage eigentlich erst das Ende einer längeren Gedankenkette sein darf. Denn bevor man sich Gedanken über kreative Messelemente machen kann, muss man erst einmal festlegen, was man eigentlich erreichen möchte. Und hier war er schon wieder: des Pudels Kern! Kollektiv seufzten wir alle einmal laut auf. Denn wie selten ist es, dass sich mal hingesetzt wird und ein solches Ziel bewusst und mit allen Konsequenzen definiert wird. Und was für eine utopische Vorstellung, dass man dieses dann auch noch mit der Vorstellung gesellschaftlicher Veränderungen in Zusammenhang bringen könnte!
Ein häufig geäußertes Ziel von von Kultureinrichtungen in den sozialen Netzwerken lautet: „Wir möchten Jugendliche erreichen. Sie sollen unsere tollen Museumsinhalte kennenlernen und natürlich auch dafür sorgen, dass wir in Zukunft weiterhin möglichst viele Besucher haben.“ Okay! Verständlicher Wunsch! Aber mit welcher Konsequenz wird dann analysiert, was die Jugendlichen wollen und wie man dies in Einklang mit den eigenen Themen bringen könnte? Dies erfordert schließlich eine symmetrische Kommunikation, für die sich die sozialen Netzwerke hervorragend eignen. Da muss man sich allerdings mit der Reduktion komplexer Inhalte in gezielten Strategien auseinandersetzen.
Zwei Gedanken möchte ich in diesem Zusammenhang noch festhalten: einmal der Einwurf eines Diskussionsteilnehmers – ich glaube, es war wieder Kai 😉 – dass man jedes Posting wie eine kleine Werbekampagne planen sollte. Das klingt jetzt vielleicht gigantisch. Aber wenn dahinter ein Konzept steckt, was die allgemeine Marschrichtung vorgibt, ist das schon machbar. Und den anderen Gedanken schnappe ich von einem Gespräch beim Mittagessen am Tag zuvor auf, bei dem wir inhaltlich schon in eine ähnliche Richtung diskutierten. Dort sprachen wir über die Frage des Erreichens der relevanten Zielgruppen – auch und vor allem außerhalb der eigenen Filterblase. Eigentlich träfe man die doch am Sonntag Abend beim Tatort-Twittern, sagte Christian Henner-Fehr!! Ja, das ist mal ein herausfordernder Einfall, oder? Sollte man unbedingt gedanklich weiter spinnen!
Das bringt mich zum eigentlichen Fazit dieser Diskussionsrunde: die größte Chance für Social Impact gibt es, wenn man Themen besetzt. Sich als Kulturinstitution mit klugen Beiträgen auch an gesellschaftlich relevanten Gesprächen zu beteiligen, halte ich sowieso für eine enorm gewinnbringende Strategie und hier gibt es aus meiner Sicht nichts Besseres als ein eigenes Blog zu führen. Wenn ich jetzt die Begriffe Partizipation und Inklusion in den Raum werfe, dann wird deutlich, wie sich die Kreise um den Social Impact inhaltlich enorm ausweiten ließen.
Wir haben in dieser Session versucht, uns der Begrifflichkeit Social Impact zu nähern und zu schauen, was alles darin enthalten ist. Natürlich reichte die Zeit bei Weitem nicht aus, dieses Thema in all seinen Aspekten durchzusprechen. Und auch dieser Blog-Beitrag kann es nicht erschöpfend behandeln. Die nächste Stufe wäre jetzt nämlich tatsächlich, dass wir über Kriterien nachdenken, die Erscheinungsformen von Social Impact benennen und die sich messen lassen. Dass es dabei auch ganz viel um Zielgruppenanalyse geht, ist meine tiefe Überzeugung und vielleicht schaffen wir es ja beim nächsten Mal ein feines Brainstorming zu dieser Frage anzufachen. Hier eine kleine Sammlung von Impulsen, die den Rahmen dazu liefern können: Flexibilität | Kooperationsbereitschaft | Vernetzungsgrad | Effizienz |Kommunikation | Erlebnis | Identifikation | Emotion |Bildungswert | Verankerung | Einbettung | Zusammenhalt | Leidenschaft | Identität …
Das sind die Aspekte, die mir von der Session im Kopf geblieben sind. Vielleicht kann ja der ein oder andere von euch das noch ergänzen. Und es gelingt uns, diese spannende Diskussion weiterzuführen. Christian hat ja sicher auch noch einiges beizutragen mit seinen Projekten, die er als Best Practice gezeigt hat. Eine sehr schöne Anregung auch noch zum Schluss: allgemein tauchte bei den Teilnehmern der Wunsch nach einer Plattform auf, die beispielhafte Projekte aus der Kulturbranche sammelt.
Ach ja, und eins noch: viele der hier angesprochenen Fragen sind nicht speziell auf die Aktivitäten in der digitalen Welt ausgerichtet. Vielmehr ist es so, dass man sich aus vielen bereits erprobten Standards der Kommunikations- und Sozialwissenschaften eine Menge herauspicken kann. Man muss es nur dann auf die Bedingungen im Web übertragen. Aber da es in den sozialen Netzwerken dieselben Menschen sind, die man erreichen möchte, sollte das machbar sein!
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