Die Ausstellung „Das achte Feld“ wagt sich in manchen Bereichen weit vor in künstlerische Szenen, die noch nicht durch die Kunstgeschichte verarbeitet worden sind. Sicher sind hier begleitende Vorträge und Diskussionen eine Möglichkeit, sich in die jeweiligen Umfelder der Kunstproduktion einzudenken und so möglicherweise zu verstehen, was sonst oftmals nur der Insider erkennen kann.
Ein umfangreiches Rahmenprogramm lädt die Museumsbesucher immer wieder zu Terminen ins Museum, an denen neben Vorträge und Diskussionen auch ein interessanter Treffpunkt geschaffen wird, bei dem das Gehörte und Gesehene in entspannter Atmosphäre besprechen kann.
orträge:
Dienstag, 24. Oktober
19 Uhr
The Golden Years
Diedrich Diederichsen, Ruth Sonderegger, Christoph Gurk, Juliane Rebentisch, Christine Frisinghelli, Matthias Haase GOLDEN YEARS – Ein Gepräch und eine Buchvorstellung
David Johansen, Sänger der New York Dolls, war ein Protegé des queeren Schaupielers und Regisseurs Charles Ludlam. Ludlam hatte mit John Vaccaro das Ridiculous Theatre begründet, in dem sich in den 60ern viele Figuren der Warhol-Welt tummelten. Aus der Hippie-Drag-Performance-Truppe The Cockettes gingen nicht nur John-Waters-Darsteller und der Kern der Band Tuxedomoon hervor, sondern auch die Gründerfigur queerer Disco-Kultur, das Prince-Vorbild Sylvester.
Diesen und anderen Verbindungslinien, die fast immer zum Werk des Performers, Filmemachers, Theatergründers und Theoretikers Jack Smith zurückführen, spürte im Rahmen des Steirischen Herbstes 1999 eine Gruppe von KulturwissenschaftlerInnen, PhilosophInnen und AutorInnen nach. Heute stellen Mitglieder der Gruppe den Band „Golden Years“ mit Beiträgen aller Beteiligten sowie Material von u.a. Stefan Brecht, Jack Smith und Ronald Tavel vor.
-Diedrich Diederichsen lehrt an der Merz-Akademie in Stuttgart und lebt als freier Autor (u.a. für Theater heute und Texte zur Kunst) in Berlin.
– Christine Frisinghelli ist Kuratorin und Herausgeberin der Zeitschrift Camera Austria in Graz. Von 1996 bis 1999 war sie Intendantin des steirischen herbst, Graz.
– Christoph Gurk ist Dramaturg an der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin.
– Matthias Haase ist wissenschaftlicher Assistent am philosophischen Seminar der Universität Basel.
– Juliane Rebentisch ist Philosophin und Kunsttheoretikerin und lehrt an der Universität Potsdam.
– Ruth Sonderegger ist Philosophin und arbeitet an der Universiteit van Amsterdam.
Eine Veranstaltung der Freunde des Museum Ludwig und des Wallraf-Richartz-Museums mit der Fritz Thyssen Stiftung und der Gesellschaft für Moderne Kunst.
Einritt: 2,50 Euro, erm. 1,50 Euro. Mitglieder der Freunde WRM/ML und der
Gesellschaft: Eintritt frei.
Sonntag, 29. Oktober
19 Uhr
Queer (Exhibition) Space. Eran Schaerf im Gespräch mit Aaron Betsky
Was ist ein queerer Raum? Kann ein Museum für die Dauer einer Ausstellung queer werden? Verliert eine künstlerische Praxis, die sich am Rand der Gesellschaft abspielt, an Widerstandspotential, wenn sie in die Mitte – im Museum – angekommen ist? Mit diesen Fragen beschäftigte sich der Berliner Künstler Eran Schaerf. Im Gespräch mit Aaron Betsky – Autor des Buches “Queer Space. Architecture and Same Sex Desire” – wird der Künstler seine Ausstellungsarchitektur für „Das achte Feld“ zur Diskussion stellen.
Eran Schaerf war bis 2006 Professor an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg. In seiner künstlerische Praxis untersucht er räumliche Strukturen an der Schnittstelle von Medien, Mode und Architektur.
Aaron Betsky ist Direktor des Netherlands Architecture Institute, dem größten Architektur Museum der Welt. Er ist u.a. Autor von False Flat: Why Dutch Design Is So Good (2004) und What Is Modern (im Druck).
Eintritt: 2,50 Euro, erm. 1,50 Euro.
Dienstag, 7. November
19 Uhr
„Man erringt das andere Geschlecht zunächst einmal in sich selbst“ Katharina Sieverding im Gespräch mit Frank Wagner
Katharina Sieverdings Film „Life – Death“ von 1969 ist ein frühes Protokoll der Auseinandersetzung mit Gender und Personalität. Der Film ist ein radikales Selbstporträt der Künstlerin, in dem sich Travestie und Transsexualität zu überlagern scheinen. 1974 nahm sie als einzige weibliche Künstlerin an der Schweizer Ausstellung „Transformer – Aspekte derTravestie“ teil. „Auf der Suche nach Identität ist Abweichung unumgänglich. Identität ist ein permanenter Wandlungs- und Entwicklungsprozess“, sagt die Künstlerin in einem Interview mit Harald Fricke. Frank Wagner wird mit Sieverding über ihre frühen Jahre, ihre schöpferische Auseinandersetzung mit der eigenen Person und ihre Geschlechterinszenierungen sprechen.
Katharina Sieverding wurde 1944 in Prag geboren. Sie studierte an der Kunstakadamie Düsseldorf bei Joesph Beuys. Seit 1992 lehrt sie an der Universität der Künste Berlin. Sie lebt in Düsseldorf und Berlin. Frank Wagner lebt als freier Kurator in Berlin. Er kuratierte zahlreiche Ausstellungen im In- und Ausland. Er ist Gastkurator der Ausstellung „Das achte Feld“.
Eine Veranstaltung der Freunde des Museum Ludwig und des Wallraf-Richartz-Museums mit der Fritz Thyssen Stiftung und der Gesellschaft für Moderne Kunst.
Einritt: 2,50 Euro, erm. 1,50 Euro. Mitglieder der Freunde WRM/ML und der Gesellschaft frei.
Finissage: Sonntag, 12. November
Judith „Jack“ Halberstam, Del LaGrace Volcano Die Ästhetik des Unerwarteten
17 Uhr
Führung durch die Ausstellung auf Englisch.
18:30 Uhr
Vortrag/Performance auf Englisch.
Eingangshalle des Museum Ludwig
Beim Schachspiel sind viele der Zugsequenzen obligatorisch, wenn nicht gar namentlich festgelegt. Doch hin und wieder überrascht ein kreativer Spieler mit einem „Zwischenzug“, also etwas Unerwartetem. Vielleicht wird dieser Spieler nicht gewinnen, doch er wird die Spielfolge ändern. – Zusammen mit dem Queer-Fotografen Del LaGrace Volcano untersucht die Kulturkritikerin Judith Halberstam die Ästhetik des Unerwarteten in der zeitgenössischer Darstellung von Homosexuellen. Anhand von Arbeiten homosexueller Künstler – u.a. Deborah Kass, Diane Arbus, Andy Warhol und Cathrine Opie – werden Theorie und Praxis unberechenbarer ästhetischer Vorgänge dargelegt.
Judith Halberstam ist Autorin und Professorin für Frauen- und Geschlechterforschung und Englisch an der University of Southern California. Derzeit arbeitet sie an einem Buch über „alternatives Denken“.
Der kalifornische Foto-Künstler Del LaGrace Volcano ist ein Vorreiter der Intersexuellen-Bewegung. In seinen Arbeiten bezieht er sich oft auf den eigenen Körper. Im kommenden Jahr erscheint sein neuer Bildband „Femmes of Power“.
In Kooperation mit den JungenKunstFreunden und mit freundlicher Unterstützung des US-Generalkonsulats/Amerika Haus Köln.
Einritt: 2,50 Euro, erm. 1,50 Euro. Mitglieder der Freunde WRM/ML:
Eintritt frei.
Film-/Konzertprogramm:
Donnerstag, 19. Oktober
19 Uhr
Vorfilm: Das Sommerkleid
(Fr 1996, OmU, R: Francois Ozon, 15 Min) Sébastien hat Streit mit seinem Freund und verlässt wütend das gemeinsame Ferienhaus. Am Strand trifft er auf Lucia, die ihm ein freizügiges Angebot macht. Obwohl er sonst nur mit Männern schläft, lässt er sich von ihr verführen. Da Sébastiens Hose gestohlen wird, überlässt sie ihm ihr Kleid, das ihm vorzüglich steht. Ozon erzählt hier die Geschichte eines besonderen Coming-Outs.
Tropfen auf heiße Steine
(Fr 2000, DF, R: Francois Ozon, 90 Min)
Verfilmung eines Theaterstücks von Rainer Werner Fassbinder. Im Mittelpunkt steht Leopold Blum (Bernhard Giraudeau), ein Geschäftsmann, der den 20jährigen Franz (Malek Zidi) in seinen Bann zieht. Sie beginnen ein Verhältnis, und Franz übernimmt den Haushalt in Leos Apartment. Als er merkt, dass Leo auch eine dunkle Seite hat, droht die Beziehung zu zerbrechen. Während Franz noch überlegt, zu seiner ehemaligen Freundin Anna (Ludvine Sagnier) zurückzukehren, verführt Leo auch diese. Als dann plötzlich noch Leos Ex-Lover (Anna Thomson), die transsexuelle Vera auftaucht, entfaltet das Stück seine tragische Dimension.
Eintritt: 4 Euro
21 Uhr
Die bitteren Tränen der Petra von Kant
(BRD 1972, OV, R: Rainer Werner Fassbinder, 124 Min) Eine erfolgreiche Modeschöpferin (Margit Carstensen), von Männern enttäuscht und verlassen, findet auch in den Beziehungen zu Frauen kein Glück. Ihre bitteren Tränen -“Ich bin im Arsch“ – vergießt sie auf dem Flokati ihres Luxusapartments. Einsam und allein bleibt sie am Schluss zurück. Fassbinder schwelgt in einer stilisierten Inszenierung. Ein von seelischer Eiseskälte beherrschten Melodram, das seine Herkunft vom Theater gar nicht leugnen will.
Eintritt: 4 Euro
Donnerstag, 26. Oktober
19 Uhr
Vorfilm: Hallelujah!
(D 2005, OV, R: Jochen Hick, 5 Min)
Entstanden am Rande des Weltjugendtags in Köln 2005. Der Papst kommt vorbei im Papamobil. Aber noch nicht sofort. Erst in drei Stunden. Noch genug Zeit, um zu singen und den Herrn zu loben. Auch eine kleine Gruppe Lesben und Schwule ist gekommen und hat ihre eigenen Lieder mitgebracht …
Ich kenn´ keinen – Allein unter Heteros (D 2003, OV, R: Jochen Hick, 99
Min) Jochen Hick dokumentiert homosexuelles Leben auf dem Lande. Er porträtiert fünf schwule Schwaben, junge und alte, zeigt, wie sich diese mit ihrer heterosexuellen Umgebung am Stammtisch oder im Kirchenchor abgefunden haben, und begleitet sie auf ihren kleinen Fluchten in die Großstadtszene oder an den thailändischen Badestrand. Der Film macht deutlich, wie schwer es immer noch sein kann, sich der Hetero-Norm zu entziehen. Er offenbart aber auch, wie sehr sich manche Schwule und Lesben nach einer bürgerlichen Existenz – dem vermeintlich Normalen – sehnen.
Jochen Hick ist anwesend und wird Publikumsfragen beantworten.
Eintritt: 4 Euro
Dienstag, 31.10.06
MOVE YOUR BODY
Konzert und Party im Rahmen der Sonderausstellung „Das achte Feld“
NAMOSH LIVE (Berlin)
Namosh, 24, ist Solokünstler und Live-Musiker. Namosh singt, schreit, stöhnt auf der Bühne – und tanzt synchron dazu. Auch das Spielen der verschiedenen Geschlechterrollen beherrscht er vorzüglich.
Eine Performance irgendwo zwischen Prince und Iggy Pop.
DJ Steffen Irrlinger (Donna Regina) & Gäste
Beginn: 22 Uhr
Einritt: 8 EUR
Donnerstag, 9. November
19 Uhr
Tropical Malady (Th/Fr/D/I 2004, OmU, R: Apichatpong Weerasethakul, 118 Min)
Der junge Soldat Keng (Banlop Lomnoi) und sein Freund Tong (Sakda
Kaewbuadee) verbringen eine unbeschwerte Zeit miteinander – mal bei Tongs Familie auf dem Dorf, mal in den Karaoke-Bars der Stadt. Eines Tages ist Tong verschwunden, sein Dorf lebt in Angst – eine wilde Bestie fällt über die Kühe der Bauern her. Einer thailändischen Sage nach kommt es vor, dass Menschen sich plötzlich in wilde Tiere verwandeln. Keng macht sich auf die Suche nach dem verschollenen Geliebten. Mit seiner ruhigen Erzählweise gelingt dem Film eine berührende Aktualisierung des mythischen Stoffs.
Eintritt: 4 Euro
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