Musikalische Entdeckung – Pathos Legal


Liebe Alle! Kultur in Zeiten von Corona – das ist für uns alle in diesen schweren Zeiten eine große Herausforderung! Mir wird bisweilen schon ein bisschen Angst und Bange. Umso mehr weiß ich Entdeckungen wie diese zu schätzen, die mir wunderbare Kulturmomente bescheren. Und das möchte ich natürlich unbedingt mit euch teilen.

Mein Kunsthistorikerinnen-Herz schlug höher, als mir ein Vorab-Blick auf das neue Video eines Singer-Songwriter-Duos zugespielt wurde. Pathos Legal haben mit ihrem Opener „Torso“ aus ihrem am 10. April erscheinenden neuen Album „Der Aufenthalt unter der schwebenden Last ist verboten“ eine Bildsprache gefunden, die mich sofort angesprochen und sehr neugierig machte. Nicht nur der Sound, der so schön unaufgeregt und zart ins Ohr geht. Mich hat vor allem die Kombination von Musik und Bild sehr fasziniert.

Als ich mir weitere Videos des Duos anschaute, wuchs meine Begeisterung. Die Texte sprechen mich total an. Wie genial: Der Aufenthalt unter der schwebenden Last ist verboten. So etwas spricht bei mir jede Menge Synapsen an. Sehr inspirierend, was das Duo bislang produziert hat. Sensible Wortfindungen, eine bestechende Ästhetik und dazu ein Sound, der einen weich umfängt. Ich glaube, ich werde Fan! Weil ich noch ein bisschen mehr über die Hintergründe der Musiker erfahren wollte, habe ich mit ihnen Kontakt aufgenommen und ein kleines Interview gemacht.

Alexandra Helena Becht und Berkant Özdemir
Foto: Samira Ramic

Die Wolke auf dem Kopf, das ist ein sehr ikonisches Bild. Beim Anschauen kam mir der Gedanke, dass die Figur einem Bild von René Magritte entsprungen sein könnte. Wie seid ihr auf diese Idee gekommen? Und was war der Gedanke dahinter, das durch mehrere Videos hindurch zu ziehen?

Wir verstehen unsere Songs als Werke, die sich in Text, Ton und Bild ausdrücken. Das fühlt sich für uns ganz natürlich an, schon beim Schreiben der Songtexte oder beim Komponieren entstehen Bilder vor unserem geistigen Auge. Die Idee für unseren Cloudy Mind mit der Wolke auf dem Kopf kam uns schon sehr früh im Entstehungsprozess des Albums in den Sinn. Schon nach den ersten Test-Shootings war uns klar, dass er das Key Visual unserer Albumkampagne werden soll. Zum einen weil er einen starken Wiedererkennungswert hat, was für uns als Indie-Musiker natürlich sehr wichtig ist, da wir nicht über riesen Werbebudgets verfügen und mit kleineren Mitteln die größtmögliche Aufmerksamkeit für unsere Musik erzielen wollen. Und zum anderen, weil er so wunderbar plakativ übersetzt, um was es in unseren neuen Songs geht: um das Wetter im Kopf – Schwere, Nachdenklichkeit und eben auch mentale Niederschlagswahrscheinlichkeit. Diesen Themen wollten wir die inhaltliche wie visuelle Bühne schenken, statt uns als Musiker in Szene zu setzen. Wir treten ganz bewusst visuell in den Hintergrund, sind weder in Videos noch auf dem Artwork von Album oder Singles zu sehen, weil es uns um das Werk geht. Ähnlich wie bei Malern, die sich ja auch selten selbst malen.

Kamera Philipp Pfeiffer
(wie auch im Beitragsbild)

Eure Videos haben eine ganz bestimmte Ästhetik. Unwillkürlich musste ich an Filme von Wes Anderson denken. Welchen Stellenwert nehmen die Videos in eurer Arbeit ein?

Antwort: Das ist ein ehrenvoller Vergleich und direkt kommt mir sein Film „Grand Budapest Hotel“ ins Gedächtnis. Videos sind für uns eine großartige Möglichkeit, unsere Songs in Bildsprache weiterzuerzählen. Wir schreiben und veröffentlichen inzwischen seit über fünfzehn Jahren Musik und setzen seit jeher alles in Eigenregie um. Mit der Zeit hat sich dadurch ganz automatisch unsere kreative Spielfläche erweitert. Ich widme mich neben dem Schreiben auch unsagbar gerne diesen kreativen Aufgaben, entwickle visuelle Konzepte und lerne neue Dinge dazu.

So habe ich für alle drei Videos des neuen Albums neben der Entwicklung von Idee und Skript auch erstmalig Regie geführt. Von daher haben unsere Videos für uns einen hohen Stellenwert. Und natürlich auch weil sie für die Promotion als „Trägermaterial“ wichtig sind, um sie bei Medien, Social Media-Plattformen oder Bloggern platzieren zu können.

Beim Video zu Torso wandelt eure Wolkenfigur durch die Gipsabguss-Sammlung der Goethe-Universität. Da stehen all die berühmten Skulpturen der Antike, die wir aus unserem kollektiven Gedächtnis nicht mehr wegdenken können. Fast denke ich, dass ihr erst den Raum kanntet und dazu den Song gemacht habt. Aber vielleicht war es auch umgekehrt?

Der Song „Torso“ ist weit vor dem Videodreh entstanden, als Opener unseres Albums. Tatsächlich kannten wir den Skulpturensaal gar nicht, obwohl wir in Frankfurt leben. Dass Songtext und Drehort so wunderbar miteinander harmonieren ist ein großes Glück, wie wir es auch schon bei unserem voran gegangenen Video mit dem Lost Place als Drehort, einem stillgelegten Grand Hotel, erfahren durften. Grundsätzlich geht unseren Videodrehs eine detaillierte Vorbereitung voraus, auch weil wir sie selbst finanzieren und umsetzen. Uns schwebt meist ein bestimmter Ort und eine gewisse Atmosphäre vor und dann versuchen wir so nah wie möglich an dieses Idealbild heranzukommen. Für „Torso“ haben wir also wortwörtlich nach einem Skulpturensaal recherchiert und ihn direkt vor der eigenen Haustür in Frankfurt gefunden. Dass er sogar einen Gipsabguss von Michelangelos Torso beherbergt, besser hätten wir es uns nicht ausmalen können. Schon beim erstmaligen Betreten des Saals waren wir ziemlich sprachlos von der Wirkung, die die Skulpturen auf uns hatten. Diese hat auch während des mehrstündigen Drehs nicht nachgelassen. Der ganze Saal ruht in dieser stillen Eintracht und puren Schönheit. Man bewegt sich ganz automatisch langsamer, wird andächtiger und leiser. Dass wir die Genehmigung für den Dreh erhalten haben ist dem Einsatz und der Begeisterungsfähigkeit von Dr. Matthias Recke, Kustos des Skulpturensaals beim Institut für Archäologische Wissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt, zu verdanken.

Vielen Dank Alexandra und Berkant. Für die Bereitschaft zu dem Interview. Für euer wundervolles Video und die Musik, die ihr in die Welt hinauslasst. Bleibt ihr und auch alle anderen bitte gesund!

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