Für einen Spanier eine Frage der Ehre und für Machos à la Hemingway sowieso ein Muss – der Stierkampf ist ein archaisches Ritual, das zartbesaitete Wesen wie ich niemals gutheißen oder gar beklatschen werden können. Zu grausam und blutrünstig läuft diese Hatz auf den Stier bis heute in vielen Fällen noch ab – da können auch Scheinveranstaltungen, bei denen der Stier nicht getötet wird, nichts ändern. Dennoch kann ich die Faszination mancher Künstler nachvollziehen, die sich von den Bewegungen, den Kostümen und der Massenbegeisterung haben anzünden lassen und ganz wundervolle Bilder dazu entworfen haben.
Allen voran natürlich mein Lieblingskünstler, der Obermacho Picasso. Besonders interessant sind hier seine keramischen Erfindungen. Nutzte er doch beispielsweise die „natürlichen“ Rundungen von Vorlegeplatten (oder Haarwaschschüsseln!) und schuf eine „Mini-Corrida“.
Picasso hat im Jahre 1957 eine Textvorlage mit einem Zyklus von Aquatinta-Radierungen illustriert. Es ist das erste Lehrbuch der Stierkampfkunst, La Tauromaquia, o arte de torear, ein Buch aus dem Jahre 1796, dessen Autor einer der bekanntesten Stierkämpfer seiner Zeit war, der Torero José Delgado y Galvez, genannt Pepe Illo.
Vorbild für seine Arbeiten waren die ebenfalls nach dieser Vorlage entstandenen Radierungen seines berühmten Landsmannes Goya, die dieser 80jährig mit zielsicherem Strich 1815 anfertigte.
Der erbitterte Kampf zwischen Mensch und Tier wird bei Goya detailreich und dramatisch inszeniert. Picasso zeigt hingegen einmal mehr, wie er es versteht, komplexe und emotionale Motive mit wenigen Strichen anzulegen.
Das Motiv des auf dem Stuhl sitzenden Torreros, der den wütenden Stier in einer aufreizend lässigen Pose erwartet, haben beide gestaltet und ein Vergleich zeigt die Entwicklung von der klassischen Variante zur Moderne.
Das Wallraf-Richartz-Museum zeigt vom 4. Mai bis 1. Juli 2007 die Ausstellung „Goya und Picasso – Tauromachie“
Kommentar verfassen