Made in Germany


Also erstmal etwas, das ich gut finde: ein wunderbares Netzwerk quer durch die Unstadt Hannover, in der sich Institutionen zusammengetan haben, die sonst schonmal gerne die Ellenbogen ausfahren, wenn sie allzu nah aneinander sind: das ehrwürdige Sprengel-Museum mit dem Kunstverein und der rührigen Kestner-Gesellschaft präsentieren noch bis zum 26. August die Ausstellung „Made in Germany“. Nach eigenem Bekunden die „Vermessung der Republik nach den Fragen der Attraktivität von Standortbedingungen“. Nicht mehr und nicht weniger. Aha, also kein Versuch, zu definieren, was deutsche Kunst ausmacht. Nach Meinung der Kuratoren, sei dies sowieso ein überflüssiges Unterfangen, eine nationale Ästhetik festzumachen. Mh, mag sein, da man ja in den Zeiten der Globalisierung und unter den Bedingungen der rasenden Informationsgesellschaft nichts mehr wirklich festmachen kann – weder räumlich noch zeitlich. Dennoch hat man sich die Künstler herausgepickt aus deutschen Landen, die – ob zugezogen oder hier geboren – sich doch mehr oder weniger intensiv mit dem Land, in dem sie leben, auseinandersetzen.
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So präsentiert die Schau durchaus Positionen, die „national“ aufgeladen sind. Die Künstlerin Franka Kaßner beispielsweise, die in extremen Performances schon mal als Neo-Nazi verkleidet ist, zeigt in ihrer Installation „Für tot erklärt – Amtsgericht Berchtesgaden, 1956“ eine politisch motivierte Arbeit, die Assoziationen an die Bürokratie des Naziregimes bzw. ihr Fortleben im Nachkriegsdeutschland wachrufen kann. Ihre erste Einzelausstellung letztes Jahr in der Städtischen Kunsthalle München stand unter dem Titel „Deutschlandlied“.
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Deutsch fast im zweifachen Sinne scheinen die Bilder von Beate Gütschow. Wirken Sie auf der einen Seite wie legitime Nachfolger der berühmten Becher-Schule, die die deutsche Fotoszene auf die internationale Bühne gebracht hat. Auf der anderen Seite ist aber die Erstellung virtueller Landschaften am Rechner und die Zuweisung von bestimmten emotionalen Werten (hier ist es sicher eine gewisse Leere und Depression, in anderen Bildern eine sehr eindeutig romantisch angehauchte Sonntagsimpression) eine Tradition von Landschaftsdarstellungen, die ebenfalls gerne als „typisch“ deutsch bezeichnet wird.
Natürlich gilt das Konzept des dänischen Künstlers Simon Dybbroe Møller nicht wirklich im Zusammenhang mit „Made in Germany“ – dennoch fasst die Aktion, alles Personal der Ausstellungsräume mit grauen Kontaktlinsen auszustatten den kleinsten gemeinsamen Nenner der ausgestellten Arbeiten sehr schön zusammen: es geht um die Wahrnehmung der Umwelt, in der die Kunst produziert und rezipiert wird. Auch wenns eigentlich keiner merken wird, als Gimmick finde ich es durchaus erwähnenswert.
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Die Ausstellung hat sicherlich – wie so viele ihrer Art – den subjektiven Charakter einer Show, die von den persönlichen Recherchen der einzelnen Kuratoren lebt. Da es sich hier jedoch um ein sehr breit gefächertes Team handelt, scheint eine gewisse Objektivität des Überblicks nicht ausgeschlossen. Solche Teamarbeit ist aus meiner Sicht etwas durchaus Neues in Germany und kann getrost öfter vorkommen.

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