Eigentlich ist schon viel darüber geschrieben worden. Das Wesentliche ist sehr gut hier zusammengefasst. Doch wer bedenkt die Beton-Plastik von Wolf Vostell auf dem Mittelstreifen des Hohenzollernringes schon mit einem zweiten Blick. Derzeit wirkt der „Ruhende Verkehr“ in Kombination mit dem traurigen Anblick, den der Eingang des einstigen Lichtspielhauses „Filmpalast“ bietet, fast wie eine Provokation. Sehr her, wie weit muss es eigentlich noch bergab gehen mit dem Stadtbild.
Unsere feine kleine Rubrik „Kunst am Dienstag“ bringt mich jedoch dazu, einen zweiten Gedanken an dieses Kunswerk im öffentlichen Raum zu verschwenden. Ach, eigentlich denke ich jedesmal, wenn ich am Ring daran vorbeilaufe, dass es ein tolles Konzept gewesen ist. Damals 1969, als Wolf Vostell sich in der engen Domstraße mit seinem Opel Kapitän eine Parklücke aussuchte, die der Galerie Arte Intermedia gegegenüber lag. Und in einer waschechten Fluxus-Aktion dieses Auto dann einzubetonieren begann. Bei laufendem Radio und mit einem Stapel aktueller Zeitschriften auf dem Rücksitz.
„Irgendwie verrückt“ fanden es die staunenden Passanten. Manche schimpften sogar, das entspränge wohl keinem normalen Geist. Aber es entsprach eben genau dem Geist der Zeit. Wären wir jetzt Archäologen, die in vielen Jahrhunderten auf diesen Betonklotz stoßen würden, was würden wir doch für eine Menge Rückschlüsse auf unsere Gesellschaft ziehen können, oder? Ach ja, und dann sind ja dann auch noch die Zeitungen …
Wolf Vostell, der Köln Anfang der 70er Jahre den Rücken kehrte, weil er sich in der Domstadt nicht mehr wohlfühlte, kam Ende des Jahrzehnts noch einmal dorthin zurück und entwarf für den genialen Theatermann Hansgünther Heyme ein beeindruckendes Medienkonzept für dessen Hamlet-Aufführung. Ich war damals 18, saß im Publikum und seitdem hatte mich die Kunst gefangen.
Aber zurück zum „Ruhenden Verkehr“. Die Aktion damals war auf längere Sicht geplant gewesen. Das Objekt sollte auf einem Parkplatz vor dem damaligen Wallraf-Richartz-Museum aufgestellt werden (heute das Museum für Angewandte Kunst). Was aber die Verwaltung nicht erlaubte (da könnte ja jeder kommen …) und so landete die Skulptur vor der Kunsthalle. Auch eines dieser Zeugnisse der Kunstmetropole Köln, welches heute nicht mehr existiert. Nun steht die Arbeit, die laut Vostell auf den „Alptraum Verkehrschaos“ verweisen sollte, inmitten des tosenden Verkehrs der Ringe. Dort erlebt sie wahnwitzige Autocorsi oder nächtliche Streitereien zwischen Türstehern. Vielleicht ganz im Sinne von Vostell, der das wahre Theater auf der Straße sah.
Auch die Bilder im Museum wollte er im Übrigen gerne auf die Straße holen. So zumindest kann man seine Idee des Luftpumpen-Museums interpretieren, bei der er 1972 einen Beitrag zur allgemeinen Diskussion um einen Neubau des Wallraf-Richartz-Museums beisteuerte. Eine überdimensionale Luftpumpe sollte an der Hohenzollernbrücke befestigt Reproduktionen aller Kunstwerke auf die grauen Wolken werfen, die seiner Wahrnehmung nach Köln immer irgendwie verhängen würden.
Kunst ist Leben. Leben ist Kunst. Fluxus, das war die Bewegung, die alles ins Rollen brachte. Auch und vor allem hier in Köln. Ohne Happenings und Performances ist die zeitgenössische Kunst heute kaum vorstellbar. Das waren schon tolle Zeiten damals, als Künstler wie Vostell, Nam June Paik und John Cage in Köln unterwegs waren.
Oh, es sind nun doch mehr als ein zwei Gedanken geworden. Schön, wenn Kunst auf der Straße so viele Geschichten zu erzählen hat.
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