Fegefeuer der Eitelkeiten


So nannte der Bußprediger Girolamo Savonarola seinen Feldzug gegen die losen Sitten der Renaissance-Fürsten. Er stellte sich als erbitterter Kämpfer gegen die mächtigen Medici und trachtete mit seiner „Kinderarmee“ eine moralische Säuberung der Gesellschaft zu erlangen. Er nahm das Geld von den Reichen und brandmarkte öffentlich die lockere Kleidung mancher hochherschaftlicher Dame. Zunächst hatte er eine riesige Anhängerschaft vor allem dadurch gewonnen, dass einige seiner Vorhersagen – wie z.B. das Sterbedatum des Papstes – eingetroffen waren.
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Fra Bartolomeo, Porträt von Savonarola, ca. 1498


1492 wurde Savonarola als Prior von San Marco nach Florenz beordert. Lorenzo de Medici hatte ihn selbst dort hingeschickt. Möglicherweise, um ihn besser unter Kontrolle zu haben. Es ist das Jahr, in welchem eben jener Lorenzo de Medici auch das Bild „Geburt der Venus“ bei dem jungen Maler Alessandro di Mariano Filipepi genannt Sandor Botticelli in Auftrag gibt. Mit diesem Bild schuf Botticelli das Sinnbild der italienischen Renaissance und es zeigt gleichzeitig noch einmal die Verbindung von mächtigen Adelsgeschlechtern, die als Auftraggeber die Kunst über die Jahrhunderte hinweg maßgeblich beeinflusst hatten.
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Für Savonarola, der sich sogar gegen den intriganten Borgia-Papst aufzulehnen wagte, waren die prachtvollen Bilder Botticellis, auf denen die göttliche Nacktheit gefeiert wurde, nichts weiter als pornographischer Schund. Und tatsächlich erreichte er durch seine fanatischen Predigten etwas Unerhörtes. Geschwächt vom Verlust seines mächtigen Mäzens (Lorenzo il Magnifico starb 1492 jämmerlich an der Gicht) und aus purer Angst vor dem Fegefeuer, das ihn nach Savonarolas Worten sicher erwarten würde, schleppte er einige seiner Bilder eigenhändig auf die überall in Florenz aufgeschichteten Scheiterhaufen.
Dass Savonarola letzten Endes selbst auf dem Scheiterhaufen endete, seine Lehren allerdings zu einem Umdenken in der Kirche führte und später von Luther begeistert aufgenommen wurden, ist Geschichte. Ebenso die Tatsache, dass die Bilder Botticellis bis auf den heutigen Tag als der Inbegriff von Schönheit von vielen Menschen verehrt werden.

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