Ewald Mataré – Ein Bildhauer in Köln


Vor etwas mehr als 50 Jahren stellte man in Köln erste Überlegungen für die Errichtung eines beeindruckenden Mahnmals an. Heute noch in Holzkisten verpackt harren sie ihrer neuen Präsentation in restaurierter Umgebung. Die Geschichte der „Trauernden Eltern“, heute mit der Kirchenruine St. Alban zu einer bemerkenswerten überzeitlichen Gedenkstätte verbunden, ist eng mit dem Künstler Ewald Mataré verknüpft, über dessen Wirken in der Stadt Köln viele interessante Details zu berichten sind.


Doch zunächst zu den „Trauernden Eltern“. Durch eine persönliche Bekanntschaft mit Bundespräsident Theodor Heuss erhielt Ewald Mataré den Auftrag zur Herstellung der Nachbildung der Trauernden Eltern. Hans Kollwitz hatte angeregt, diese für seine Mutter so außerordentliche Figurengruppe auch als Mahnmal in Deutschland präsent werden zu lassen. Die Künstlerin Käthe Kollwitz hatte das „Trauernde Elternpaar“ 1932 für den Soldatenfriedhof Esen-Roggeveld in Erinnerung an ihren bereits 1914 gefallenen Sohn Peter geschaffen. Später wurden die Figuren dann auf dem Soldatenfriedhof Vladslo in Flandern neu aufgestellt.
Käthe Kollwitz hatte die Skulpturen seinerzeit modelliert und sie von versierten Bildhauern in Stein übertragen lassen. Die Gipsmodelle waren im Zweiten Weltkrieg zerstört worden, und so stellte es eine besondere Herausforderung dar, die Figuren nachzubilden.
Mataré beauftragte seine Meisterschüler Erwin Heerich und Joseph Beuys mit der Umsetzung und machte die Vorgabe, die Figuren 10 Prozent größer als die Originale zu arbeiten. Dadurch sollten seine Schüler einen Lerneffekt in Fragen der plastischen Werte erzielen – aber auch sollten die Figuren eher als Zitat, denn als handwerkliche Nachschöpfung begriffen werden.
Mit Hilfe einer Punktiermaschine hatte man die Originale in Flandern abgeformt und arbeitete sie letztlich in Muschelkalk.
Erwin Heerich machte sich an die Arbeit an der Mutterfigur und Beuys schuf den Vater. Da beide Mataré-Schüler keine Erfahrung im Umgang mit dem Material Stein hatten, dauerte es ca. ein halbes Jahr, ehe die Figuren fertig wurden. Hinderlich an der zügigen Ausführung, die von Mataré auch ständig angemahnt wurde, soll zudem auch noch die herrschende Karnevalssession gewesen sein.
Im September 1954 sind dann die Figuren fertig gestellt worden und man platzierte die Steinkopien zunächst vor der Kirche St. Pantaleon, um mit Heuss gemeinsam über die endgültige Aufstellung zu diskutieren. Da man die Überzeugung gewann, dass die Figuren in der gartenartigen Anlage an Ausdruckskraft verlieren würden, überlegte man als Alternative die Kirchenruine St. Alban und arrangierte die Gipsmodelle dort wie an einem offenen Grab rechtwinklig zueinander. Erst am 21. Mai 1959 wurde dann die Gedenkstätte der „Trauernden Eltern“ in St. Alban eingeweiht.
„Wo sonst in unserer Zeit ist Menschenleid in so einfacher Größe zum Ausdruck gebracht? Wenn aber das alte Köln solchem Werk eine Heimat bietet, dann muss daran erinnert werden, dass die Schöpferin ihre Heimat an den Ufern des Pregel hatte. Trauer um vaterländisches Schicksal bleibt so der Trauer um menschliches Schicksal für immer verbunden.“ (Theodor Heuss in seiner Einweihungsrede.)
Auch wenn eigentlich seine Meisterschüler als Ausführende für die beiden Figuren angesehen werden müssen, so stammt doch das künstlerische Konzept von Ewald Mataré. So hat dieser Bildhauer einmal mehr dem Nachkriegs-Köln zu einem Kunstort verholfen, der bis in unsere heutige Zeit hinein wirkt. Begeben wir uns auf die Suche nach weiteren Mataré-Spuren und nähern wir uns über biografische Einzelheiten diesem außergewöhnlichen Künstler.
Ewald Mataré (1887 in Aachen geboren) wurde in einem bürgerlich-wohlhabenden Elternhaus groß. Sein Vater war Direktor der chemischen Rhenania-Werke und seine Mutter war eine musisch gebildete Frau, die ihren Sohn stets gefördert hat. 1907 ging Mataré zum Studium der Malerei nach Berlin, wo er unter anderem Schüler beim deutschen Impressionisten-Papst Lovis Corinth gewesen ist. Nachdem er weiter Meisterschüler bei Arthur Kampf, dem damaligen Direktor der Akademie, war, erhielt er verschiedene künstlerische Auszeichnungen und ein Stipendium, das ihm während der Kriegsjahre (er wurde als unbrauchbar aus dem Militärdienst entlassen) relativ frei arbeiten ließ. Im November 1918 schloss er sich der legendären Novembergruppe an, einer Künstlergruppe, die sich eine revolutionäre Gesinnung auf die Fahne geschrieben hatte. Hier entwickelte sich Mataré im Geiste des Expressionismus weiter und lernte vor allem die Vereinfachung der Naturformen als Ausdrucksmittel schätzen.
Entscheidend für die Entwicklung Matarés als Bildhauer war die Auseinandersetzung mit einer Publikation des späten 19. Jahrhunderts, in welchem die uralte Frage nach dem Stellenwert der Bildhauerei erneut diskutiert wurde. „Wie hat mich 1920 das Buch von Hildebrand ‚Problem der Form‘ angeregt und aufgeregt und wie ging ich hin und tat – gerade das Gegenteil von dem, was er als wesentlich hinstellte. Ohne es zu wissen, tat ich einen Gegensatz zu seinen ästhetischen Betrachtungen über das ‚Anschauen‘ des Gegenstandes. Ich proklamierte für mich und auch außerhalb das Betasten, das Fühlen als das Primärste bei der Gestaltung und mit dieser Erkenntnis, die ich aus mir selbst entwickelte, stand und stehe ich auch jetzt noch alleine da. …Hildebrand hat mir unendlich viel geholfen, aber nicht, wie er es wohl beabsichtigt haben mag, sondern nur durch das Anrühren des Problems.“ (Tagebuch, Juli 1947)
Nach der Entdeckung der alten Technik des Holzschnitts, den er über die expressionistische Bewegung kennen lernte, näherte er sich in den 20er Jahren an die dreidimensionale Gestaltung an. „…in Ermangelung von Brettern zum Holzschnitt plastische Schnitzereien gemacht.“ (Tagebuch 27. Juni 1922)
Besonders wesentlich für die Entwicklung als Bildhauer war Mataré der Umgang mit dem jeweiligen Material. Die ihm innewohnende besondere Ästhetik ist das, was in seinen Skulpturen zunächst zum Ausdruck kommen soll. Damit bringt er das Dargestellte, häufig Natur- und Tierformen, in eine geistige Dimension.
„Auch ein Blinder kann eine Plastik genießen, oder … es ist keine.“ (E. Mataré)
In den zwanziger Jahren waren seine Arbeiten für Bauhausarchitekten wie Mies van der Rohe, für den er Kermaikfliesen entwarf und bemalte, sowie eine Italienreise, während derer er den Renaissance-Künstler Giotto studierte, von größerer Bedeutung für die Entwicklung seiner eigenen Kunst.
1932 trat Mataré nach einigem Zögern auf Drängen von Paul Klee eine Stelle als Professor an der Düsseldorfer Kunstakademie an. Eigentlich wollte man ihn auch zum Direktor machen, jedoch widerstrebte dem stets auf seine künstlerische Ungebundenheit achtenden Künstler diese Form der Verwaltungsarbeit. Dies, obwohl ihn der Einfluss auf die curriculare Konzeption schon außerordentlich gereizt hätte. Mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten begann auch für Ewald Mataré eine schlimme Zeit. Zwar war er vom Ausstellungs- und Arbeitsverbot verschont geblieben, wurde aber als Professor entlassen und seine Werke wurden aus den Sammlungen der öffentlichen Museen entfernt. Dennoch hatte er 1935 eine Einzelausstellung im Kaiser-Wilhelm-Museum in Krefeld.
Noch im Jahre 1937 entwarf er ein monumentales Keramikrelief für die Firma Henkel, jedoch stand Mataré wirtschaftlich denkbar schlecht da.
In diese Zeit der Unsicherheit fiel die Bekanntschaft mit Prälat Dr. Franz Müller, die später zur Freundschaft wurde, und der wir mehrere wichtige Arbeiten des Künstlers verdanken. Müller hatte gerade die Leitung des Deutschen Caritasinstituts für Gesundheitsfürsorge übernommen, das im Elisabeth-Krankenhaus in Köln-Hohenlind angesiedelt war. Unmittelbar nach seiner Amtsübernahme stellte sich ihm die Aufgabe, eine Grabstätte für seinen Vorgänger Prälat von Acken zu schaffen. In den Jahren 1930-1932 hatte der Architekt Dominikus Böhm die Elisabeth-Kirche geschaffen und er empfahl nun seinen Freund Ewald Mataré als Künstler für die zu schaffende Grabstätte, die sich in der Krypta befindet.
Mataré entwarf dafür und auch für die Kirche selbst ein bildkünstlerisches Konzept mit vielen Bezügen. Als Grabdenkmal schuf er die Figur eines Schmerzenmannes aus Ulmenholz, der mit seiner einfachen archaischen Ausstrahlung ernst und starr den Tod bewacht. Quasi als Gegenentwurf entstand ein überlebensgroßer „Triumphierender Christus“, der in seiner Dynamik allerdings auf Kritik stieß, uns so ist war letzten Endes Kardinal Frings, der die Entfernung der Skulptur aus der Kirche forderte. Mit zahlreichen Ausstattungsarbeiten für die Kirche – wie z.B. der Gestaltung der Eingangstüren zu der Grabkapelle und weiteren Türen für die Seitenkapellen – war die Arbeit für die Elisabeth-Kirche in Hohenlind eine so umfangreiche Auftragsarbeit, dass ihm kaum Zeit für die freie künstlerische Arbeit verblieb.

Außergewöhnlich war sicherlich die Höhe der Geldmittel, die Prälat Müller für Kunstobjekte ausgeben konnte. Dies war möglich, weil das Krankenhaus nach der Mobilmachung als Reservelazarett an die Wehrmacht verpachtet wurde. Es kamen jährlich etwa 100.000 Reichsmark zusammen, die man postwendend in Kunst investierte. Leider wurde die Kirche bei einem schweren Bombenangriff 1941 erheblich zerstört.
Ewald Mataré hatte während der gesamten Kriegszeit ständig mit der Angst zu kämpfen. Nicht so sehr um das eigene Leben oder das seiner Familie, sondern weil er um die Zerstörung seiner Arbeit fürchtete. In schwere Depressionen gestürzt verbrachte er mehrere Wochen im Zisterzienserkloster Eberbach , wo er durch die archaische Einfachheit der romanischen Architektur starke Einflüsse für seine eigene künstlerische Arbeit mitnahm. Das manifestierte sich vor allem in der Figur des Heiligen Antonius, der er für St. Kolumba im Jahre 1942 geschaffen hat und die den Krieg nur deshalb überlebte, weil sie bei der Zerstörung der Kirche noch nicht aufgestellt war. Im selben Jahr erhielt er den Auftrag, die Schutzmadonna an der Außenfassade des Weinhauses Denant (jetzt „Alte Münze“) in der Plectrudengasse neu zu gestalten.
Das Weinhaus Denant in der Plectrudengasse war bekannt als Treffpunkt der lokalen Künstlerszene. Hier traf sich ein Freundeskreis, zu dem auch Ewald Mataré regen Kontakt hatte. Nicht nur als Weinkenner, sondern auch als Künstler und Kulturschaffende im gleichen Geist waren hier unter vielen anderen der Kunsthistoriker Hermann Schnitzler, der Rechtsanwalt und Kunstsammler Joseph Haubrich und der Direktor des Kölnischen Kunstvereins Toni Feldenkirchen mit von der Partie. Auch Gottfried Benn, Mies von der Rohe, Henry Kahnweiler und Max Ernst hatten in illustrer Runde mitdiskutiert. Hier war sozusagen die Keimzelle für die weitreichende Arbeit Matarés in Köln angesiedelt. Später entwickelte man aus der geselligen Runde die so genannten „Denantiner-Konvente“ und traf sich regelmäßig.
Schon bald nach dem Ende des Krieges bot man Mataré seine alte Professoren-Stelle neu an und nach wiederum einigem Zögern willigte der Künstler ein. Er war sogar bereit, den Posten des Direktors zu übernehmen, den er allerdings ganz bald wieder abgab. Er war vor allem über die problemlose Weiterbeschäftigung der unter den Nazis amtierenden Professoren entsetzt. Er weigerte sich zunächst, die Akademie wieder zu eröffnen und forderte umfassende Reformen.
Im Jahre 1946 unternahm der Kölner Galerist Dr. Werner Rusche in seiner Privatwohnung in der Wiethasestraße eine erste Ausstellung der Mataré Arbeiten und die begeisterte Aufnahme seiner Kunst bestätigte ihn im freien künstlerischen Arbeiten, das jedoch immer wieder – und vor allem für Köln – von Auftragsarbeiten unterbrochen wurde.
Als eine der ersten Einzelausstellungen nach dem Kriege zeigte der Kölnische Kunstverein die Arbeiten Matarés – zumeist Holzschnitte und einige Kreuzwegtafeln. Der Kunstverein war damals in der Hahnentorburg angesiedelt und so war es sicherlich nicht ganz einfach, die Arbeiten eines Bildhauers zu präsentieren. Deswegen beschränkte man sich auf die „Flachware“.
In den Jahren zwischen 1947 und 1954 wurde Ewald Mataré zu einem der wichtigsten Künstler in der Zeit des Wiederaufbaus der Stadt Köln. Für seine Bedeutung in diesem Zusammenhang steht der Auftrag, die Südportale des Kölner Doms neu zu gestalten. Mittlerweile war Prälat Müller Dombaureferent und hatte diesen Auftrag vermittelt, der nicht ohne Probleme in Angriff genommen werden konnte. Mit einer für seine Zeit übliche Ablehnung gegenüber aller Neugotik forderte Mataré ein künstlerisches neu orientiertes Gesamtkonzept für die Portale und ihre Einbindung in die Südfassade. Das Domkapitel lehnte jedoch ab und so musste sich Mataré mit den bestehenden Bögen und dem vorhandenen plastischen Figurenschmuck von Christian Mohr arrangieren und seine Gestaltung einpassen. Schon in der Gestaltung unter Sulpiz Boisserée war das Hauptthema der Passion Christi und der Auferstehung bereits im 19. Jahrhundert mit lokalhistorischen Aspekten durchzogen worden: Die Stadtpatrone Ursula und Gereon sind an den beiden äußeren Portalen präsent und Mataré stellte die Gestaltung seiner „Bischofstür“ darauf ab. Die Arbeit an den Portalen – wiederum unterstützt durch seinen Meisterschüler Joseph Beuys, der sich vor allem um die Gestaltung der Mosaike kümmert, stand unter einem gewissen Zeitdruck, da am 15. August 1948 die 700 Jahr-Feiern des Domes mit fertigen Türen begangen werden sollten. Da jedoch gerade in den schwierigen Nachkriegsjahren auch die finanziellen Mittel für Material nicht unbegrenzt vorhanden waren, (man behalf sich schon mit in Düsseldorfer Vororten „gefringsten“ Mosaiksteinchen aus Swimmingpools der Reichenvillen) zog sich vor allem die Fertigstellung der beiden äußeren Türen über Jahre hin. Die Industrie- und Handelskammer übernahm die Finanzierung der „Schöpfungstür“, die 1954 eingeweiht werden konnte.
In diesen Jahren stand Mataré auf dem Höhepunkt seiner künstlerischen Laufbahn und erhielt sogar den Auftrag zur Gestaltung der Türen der Weltfriedenskirche in Hiroshima.

Ende der 50er Jahre eröffneten sich für Mataré interessante Perspektiven durch die Freundschaft mit dem Architekten Jupp Engels, der den Künstler zunächst für ein Mosaikbild beauftragte, das das Haus „Em Hanen“ am Alter Markt zieren sollte. Der Architekt hatte das aus alten Quellen verbürgte Haus neu erbaut und nun in regem Austausch mit Mataré ein interessantes Ausstattungsprogramm entwickelt, das seinesgleichen sucht. Am eindruckvollsten ist auch heute noch sicherlich der so genannte „Kallendresser“, den der Bildhauer neu schuf – eine mittelalterliche Figur dieser Gestalt ist ebenfalls aus den Quellen bekannt, aber im Krieg untergegangen. Im Innern ließ Engels die Wohnungstüren von Mataré in den Jahren 1962/63 ganz im Geiste der Stichwörter rheinischen Frohsinns gestalten: „Wein, Weib und Gesang“ sind hier thematisch umgesetzt. Eine der Türen spielt jedoch mit ihrem Figurenschmuck auf den Besuch Kaiser
Friedrich III. in Köln an, der angeblich im Haus „Em Hanen“ Station gemacht hatte. Auch eine Bodenplatte im Trottoir vor dem Haus weist darauf hin.
Neben den wichtigen sakralen Aufträgen waren die verschiedenen profanen Aufträge in den 50er Jahren absolut prägend für die Weiterentwicklung von Matarés künstlerischem Schaffen. 1951 schrieb die Stadt Köln einen Wettbewerb zum 500. Todestag des mittelalterlichen Meisters Stefan Lochner aus, für den ein Denkmal geschaffen werden sollte. Mataré gewann den Wettbewerb mit seiner einfachen wie genialen Darstellung eines Engels mit Malpalette. Die Figur (1953-1956) ist Teil des Ausstattungsprogramms des damals neu errichteten Wallraf-Richartz-Museums, (heute Museum für Angewandte Kunst) in dessen Innenhof die Plastik in einer Brunnenkonzeption aufgestellt wurde. Das Brunnenbecken ist als Dreipass ein Zitat der mittelalterlichen Bauformen, wie man sie auch in der benachbarten Minoritenkirche feststellen kann. Ebenfalls von Mataré stammt der Kalksandsteinpfeiler im Innenhof, der das große Fassadenfenster gliedert. Auch hier zeigt der Künstler den sensiblen Umgang mit der historischen Umgebung, indem er archaisierende Pflanzenformen verwendet, die entfernt an die Kapitelle in mittelalterlichen Kirchen erinnern. Im Jahre 1956 erhielt Mataré den Auftrag zur Gestaltung der Eingangstüren des wieder aufgebauten Gürzenich, die er mit den stilisierten Wappen der alten Patrizierfamilien ornamental äußerst reizvoll umsetzte. Vor allem in der in einer einfachen Tierform gehaltenen Türklinke spürt man die unmittelbare Parallele zur Ornamentik des Pfeilers im (damaligen) Wallraf-Richartz-Museum und so gehören beide Bauten mit dem von Prof. Mataré geschaffenem Bauschmuck zu den exemplarischen Großbauten des Nachkriegsköln, die Architekturgeschichte geschrieben haben.
Weniger groß und spektakulär, aber nicht minder reizvoll in der Gegenüberstellung von weichem, rundem Schneckendekor und detailverliebtem Schachbrettmuster kommt der Taubenbrunnen vor dem heutigen Domforum daher. Leider geht dieses Kleinod angewandter Kunst meist im Trubel der Domtouristen unter. Dennoch entfaltet er bei näherem Hinsehen eine zurückgenommene und feine Ästhetik vor dem 50er-Jahre-Bau der ehemaligen Bank für Gemeinwirtschaft, die diesen Brunnen 1953 auch in Auftrag gegeben hatte. Runde Formen sind ein Hauptmerkmal der Dekore in den 50er Jahren – sicherlich auch in bewusster Ablehnung strenger eckiger Formgebung, wie sie in der Bauhaus-Ära entwickelt worden waren.
Die Einordnung der künstlerischen Arbeit des Bildhauers Ewald Mataré muss sicherlich geprägt sein von der Frage, welchen Anteil die öffentlichen Auftraggeber an der Gestaltung hatten. Dennoch lässt sich die Handschrift des aus dem Expressionismus zu einfacher und archaischer Formensprache findenden Bildhauers nachvollziehen, der seine Spuren wie kein anderer in Köln hinterlassen hat.

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