Nachdem ich am Samstag aus unmittelbarer Nähe die „Migration der Formen“ anschauen konnte (Bericht folgt noch) will ich aus Anlass der aktuellen Balthus-Ausstellung diese spezielle Wahrnehmung von Kunst einmal nachvollziehen. Angestoßen hatte eine Bemerkung des Kunstkritikers Georg Imdahl, der Balthus mit Neo Rauch verglichen hatte – und tatsächlich: unglaublich, wie die besonderen geheimnisvollen Welten des Balthus, der sich wie kaum ein anderer Künstler als Figur selbst zu inszenieren verstand, den rätselhaften Bildern Rauchs nahe stehen. Sicher ist es immer wieder schwierig, die Einflüsse älterer Kunst auf die zeitgenössischen Künstler herauszufiltern. Keiner wird sie auch gerne zugeben. Aber sehen Sie einmal selbst:
Neo Rauch
Übrigens findet ja gerade eine Einzelausstellung von Neo Rauch im New Yorker Metropolitan Museum statt. Eine unglaubliche Ehre für den Anführer der „Leipziger Schule“, der hier als dritter Zeitgenosse nach Kara Walker und Tony Oursler präsentiert wird. Und vom Metropolitan Museum kommt ja auch Sabine Rewald, die Kuratorin mit dem schillernden Namen. Als Balthus-Kennerin besorgte sie die Balthus-Schau in Köln und hielt – ach, was für eine herrliche Ausnahme – eine sehr launige und unterhaltsame Einführungsrede auf der Eröffnung letzten Freitag (mein Gott, was für ein ‚Run‘ auf die Ausstellung, ob es an der Erotik liegen mag??).
Balthus
So schließt sich der Kreis zwischen Balthus und Neo Rauch. Das Bild „La Rue“, das ja aus dem Metropolitan Museum nach Köln gereist kam und welches ja so zentral die Rolle Balthus‘ zum skandalträchtigen Maler manifestieren half, strahlt die Stille einer für die Ewigkeit festgehaltenen Momentaufnahme aus. Die strenge Zweidimensionalität fällt hier wie in den anderen Bildern des Malers ins Auge. Gepaart mit stilisierten Gesten entsteht so eine Dimension zwischen Zeit und Raum, die den Betrachter nicht nur wegen der merkwürdigen Details irritiert. Dieselbe klare und gleichzeitig verstörende Malweise nehme ich auch bei Rauchs Bildern wahr.
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