Die haptische Dimension des Zeichnens


To scar bedeutet im Englischen „zeichnen“ aber auch „eine Wunde/einen Kratzer hinterlassen“. Aus der Perspektive des Gestaltens bedeutet dies, sich mit der Oberfläche auseinandersetzen. Besonders die Landschaft trägt als Motiv ungeheures Potential zur Gestaltung dieser künstlerischen Fragestellung.
Gordale_Scar_waterfall%2C_below.jpg
Besonders solche beeindruckenden Formationen wie in der berühmten Kalksandsteinschlucht nahe dem britischen Malham haben die Tradition der Landschaftsmalerei nachhaltig beeinflusst. Immer schon waren Künstler faszniert von den landschaftlichen Besonderheiten, spürten ihnen mit ihren künstlerischen Mitteln nach. Auch William Turner malte die Gordale Scar.
turner_gordale_scar.jpg


Das ist nun nahezu 200 Jahre her und die Frage scheint berechtigt, wie sich ein zeitgenössischer Künstler dem weiterhin interessanten Thema stellen würde. Pete Clarke, der sich ja bereits intensiv mit der Malerei Turners beschäftigt hat, beweist einmal mehr seine sensible Ader für das Landschaftsmotiv.
clarke_gordale_scar.jpg
An den Ort dieses Gewässers im freien Fall begibt sich 192 Jahre später der Liverpooler Maler Pete Clarke, seine Serie der Zeichnungen mit dem Titel Gordale Scar 1-8 aus dem Jahr 2008.Die Folge von kleinformatigen Acryl-Bleistift-Studien vor der Natur zeigt die Darstellung einer Topographie an der Grenze zur Auflösung des Geschauten. Im Rhythmus emporstrebender Formen mit blass aufleuchtenden Licht- und Farbzonen setzt Pete Clarke das Erlebnis der in der Sonne funkelnden Felsformationen um, während er das Zentrum der Abwärtsbewegung rasender Wassermassen zur chaotischen Ordnung kleinteiliger und farbintensiver Verdichtungen dynamisiert. Die innerhalb der gezeichneten Serie allmählich sich fortsetzende Entfernung vom gegenständlichen Bezug hin zur nicht konkreten Form legt alle Kraft in die Raum schaffenden Möglichkeiten geschichteter und gestaffelter Farbflächen, deren Qualitäten zarte malerische Stimmungen und kräftige zeichnerische Strukturen vereinen. Pete Clarke führt die Tradition des sublimen Landschaftsbilds fort, konsequent zeitgenössisch erfindet er abstrakte – und im Kontext der Geschichte der Landschaftsmalerei ‚romantische’ – Kompositionen.“ (M. Turck)
Eine von Martin Turck kuratierte Ausstellung mit diesen und weiteren korrespondierenden Arbeiten von P. Clarke eröffnet am 24.10. um 19.00 Uhr in der Kyotobar am Gereonswall 75 und dauert bis zum 28. November. Ein herrliches Ziel für gemütliche Herbstspaziergänge!!

Share

Kommentar verfassen