Die Eiswüste lebt

Ist es purer Luxus, wenn man einen Container (grün) voller Bücher in die Antarktis schickt, damit die dortigen Forscher sich auch mit Literatur beschäftigen? Dort, wo eigentlich das nackte Überleben an der Tagesordnung sein sollte, sich gemütlich in den Sessel lehnen und ein gutes Buch hervorholen – klingt das nicht ein bisschen sehr weldfremd? Oder ist es gerade in der heutigen Zeit, in der die Kultur gegenüber den vielen kleinen Banalitäten des Alltags allzuoft den Kürzeren zieht, ein wichtiges Signal. Wir brauchen Kultur zum Überleben. So oder ähnlich hat Lutz Fritsch, von Haus aus Bildhauer, sicher sein Konzept angedacht, bei dem am Ende ein veritabler Container herauskam, der mit viel Aufsehen auf die Polarstation verschickt wurde.
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Begleitend zu dieser Kunstaktion gab es auch einen Dokumentarfilm, der nun im Museum Ludwig gezeigt wird, weil dort eine Ausstellung des Künstler eröffnet wird:
Donnerstag, 11. Januar um 19 Uhr
Preview des Films „Bibliothek im Eis – Lutz Fritsch in der Antarktis“
anschließend der Künstlerfilm „EIS ZEIT RAUM“.
Lutz Fritsch ist anwesend und steht für Gespräche zur Verfügung.
Auf 3sat werden beide Filme am Montag 15. Januar 21 Uhr, bzw. 23.20 Uhr gesendet.
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BIBLIOTHEK IM EIS – LUTZ FRITSCH IN DER ANTARKTIS
Preview in Anwesenheit von Lutz Fritsch
Deutschland 2006, 45 Min, ein Film von Maria Anna Tappeiner und Reinhard Wulf, WDR/3sat
Im nördlichen Weddelmeer, auf dem Ekström-Schelfeis (70° 39’ Süd, 08° 15’ West), befindet sich die Deutsche Forschungsstation Neumayer. Aus technischen Gründen ist die Station unter dem Eis erbaut. Funktional ausgestattet und neonbeleuchtet sind die Arbeits- und Lebensräume der neun Wissenschaftler, die dort 15 Monate überwintern. Kein Tageslicht dringt in die Station, kein Fenster eröffnet den Blick in die Weite der Antarktis.
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In unmittelbarer Nähe zur Forschungsstation steht seit Januar 2005 die „Bibliothek im Eis“, ein Kunstprojekt des Kölner Künstlers Lutz Fritsch. Bereits im Winter 1994/95 hatte Lutz Fritsch als Künstler zusammen mit Naturwissenschaftlern an einer Expedition des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung in die Antarktis teilgenommen. Dort angekommen erforschte Lutz Fritsch die Weite, Beschaffenheit und Befindlichkeit dieses Extremraumes. Er erlebte die Maßstabslosigkeit, die Unwirtlichkeit der Antarktis sowie die Enge und Funktionalität der unter dem Eis erbauten Forschungsstation.
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In diesem Spannungsfeld entstand die Idee für einen speziellen Raum auf dem Eis, abseits der Station: einen Rückzugsort, einen Raum der Kontemplation und der Ruhe zum Nachdenken über das Sein in der Antarktis, über Natur und Zivilisation und über den Umgang mit Raum und Umwelt. Das Kunstwerk ist aber nicht einfach nur ein Raum auf dem Eis, sondern es ist eine real benutzbare Bibliothek mit tausend Büchern, die von Künstlern und Wissenschaftlern aller Disziplinen gestiftet wurden, die Lutz Fritsch persönlich angeschrieben und gebeten hatte, ein Buch für diesen speziellen Ort auszuwählen und mit einer Widmung versehen zu stiften. So entstand eine einzigartige Bibliothek am Ende der Welt.
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Lutz Fritsch hat die Entstehung, den Transport und den Aufbau der Bibliothek in tausenden von Fotos und 60 Stunden Videomaterial festgehalten. Verbunden mit einem ausführlichen Interview mit dem Künstler wird dieses faszinierende Material von der Idee und der Entstehung des Projekts erzählen.
Im Anschluss an die Vorführung Gespräch mit Lutz Fritsch. Danach zeigt das Filmforum NRW den Künstlerfilm EIS ZEIT RAUM von Lutz Fritsch.
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EIS ZEIT RAUM
Deutschland 1998, 90 Min, ein Künstlerfilm von Lutz Fritsch, Redaktion Reinhard Wulf, WDR/3sat
Eis Zeit Raum ist ein Künstlerfilm, eine fließende Skulptur. Es ist ein poetisch-meditativer Film, der den Betrachter zunächst scheinbar dokumentarisch mit der mächtigen Polarstern in die weiten der Arktis führt. Doch in Wahrheit bestimmt das Zeitmaß des Eises das Tempo in dem maßstabslosen Raum, der Betrachter wird selbst ein Teil der skulpturalen Phänomene und Prozesse, der Formen, Farben und Bewegungen des Eises.
Im Sommer 1997 nahm der Kölner Künstler Lutz Fritsch zusammen mit Naturwissenschaftlern an einer Expedition des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung in die Arktis teil. Geographisches Ziel der Expedition mit dem Forschungsschiff „Polarstern“ war das Seegebiet nördlich von Grönland. Gesehen mit den Augen des Bildhauers entstand in der Arktis der Künstlerfilm EIS ZEIT RAUM.
Zwei Monate hat Lutz Fritsch im Eis den künstlerischen Dialog mit den Wissenschaftlern gesucht. Er hat den Naturraum mit dem Zeichenstift skizziert, hat mit seinen farbigen Skulpturen seine künstlerischen Raumuntersuchungen durchgeführt und mit der Kamera das Eis studiert. Während die Wissenschaftler Wasserproben entnahmen oder den Meeresboden erkundeten, hat er das Eis gefilmt und in langen Sequenzen dessen Formen und Farben im Film wie eine Skulptur montiert. Der Betrachter taucht ein in die Bilder, in das sich ändernde Licht, in die Bewegung, das Fahren des Schiffes, das Driften des Eises. Die Zeit bleibt stehen. Ohne Worte, Ohne Musik ist der Film doch nicht stumm. Im Gegenteil.
Er macht das Eis, die Zeit, den Raum erlebbar. „Langsam fuhren wir ins Eis. Hier der erste Eisberg – dort ein paar kleine Eisschollen. Das Eis wurde dicker, plötzlich war man mitten drin im Packeis: Eis in seinen verschiedenen Konsistenzen, Farben und Erscheinungsformen, das ständig sich verändernde Licht, der alles schluckende Nebel. Mal war es altes und hartes Eis, mal Neueis, hellgrau, hauchdünn und unberührt. Das Eis splitterte wie Glas oder schwamm wie Pfannkuchen auf dem schwarzen Wasser; geschoben, krachend, zerberstend oder still auf dem Wasser treibend. Raum und Zeit waren unfassbar.“
Ein Rahmenprogramm zur Ausstellung „Lutz Fritsch RÄUME WELTEN“ im Museum Ludwig in Zusammenarbeit mit dem WDR.
Keine Anmeldung erforderlich
Eintritt frei

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