Gerade erhaschte ich im Netz einen Blick auf den Aufruf zu einer ganz wundervollen Blogparade. Raumgefühl: Architektur denken – so hat Anett Ring einen Blogbeitrag überschrieben. Und in ihrer Einleitung Peter Zumthor erwähnt. Bei mir fällt diese Anregung auf fruchtbaren Boden. In meinem Kopf erscheint beim Lesen ein Bild. Und die Erfahrung, die ich damit verbinde, befeuert wie kaum eine andere die Sinne. Also entführe ich euch für einen kurzen Augenblick in die Eifel. Zur Bruder-Klaus-Feldkapelle in Wachendorf bei Meschernich. Ihr müsst unbedingt selbst einmal hinfahren! Vielleicht kann ich euch ja dazu anstiften!
Ich bin schon oft dort gewesen. Meist war es Winter. Da wird man ordentlich durchgerüttelt, wenn man den Weg über das Feld nimmt. Der Wind weht von allen Seiten. In der Ferne sieht man die Kapelle wie ein Juwel in die Landschaft gesetzt. Beim Anblick fühlt man sich fast ein bisschen ehrfürchtig. Wenn man sie dann betritt, verstärkt sich das Gefühl. Es wird seltsam still um einen. Schließt man die Augen, nimmt man verschiedene Gerüche wahr. Besonders intensiv den Geruch verbrannten Holzes. Dies hinterließen die Fichtenstämme, die langsam unter der Stampfbeton-Konstruktion vor sich hin schwelten. Auch nach Jahren riecht man das noch. Es erinnert an archaische Feuer, an Köhler-Hütten im tiefen Tann. Meine Gedanken wandern.
Blitzlicht: Ich erinnere mich an meine Kindheit. Mit meinen Eltern fuhren wir damals am Wochenende häufig in den Wald. Verbrachten dort den ganzen Tag, machten Lagerfeuer und bauten Reisig-Hütten. Wenn wir nach Hause kamen, rochen wir nach Lagerfeuer und nassem Holz.
Dieser Ort ist magisch. Auch wenn man nicht viel über Bruder Nikolaus von Flüe weiß, den Einsiedlermönch, dem die Erbauer die Kapelle widmeten, trägt der Ort einen zu einer meditativen Stimmung. Man fühlt sich gleichzeitig geborgen und hört die Natur draußen. Es ist, als würden alle Sinne besonders geschärft. In einem kühnen Zug nach oben öffnet sich die Kapelle an ihrer Spitze. Wetter dringt ein. Zahlreiche kleine Glasmurmeln glitzern in den Wandungen auf. Das berührt meine Sinne.
Blitzlicht: Mit meiner Cousine erkundete ich einst die Rothesteinhöhle. Wir waren vielleicht 11 und 12 Jahre alt. Es gibt noch Super-Acht-Filmaufnahmen von damals. Da sieht man, dass wir uns erst nicht richtig trauten. Drinnen war es dann aufregend. Aber wir sind nicht weit hinein gegangen. Ich erinnere mich nur daran, dass wir mit kleinen Steinchen einige „Wünsche“ in die Felswände ritzten.
Die Zumthor-Kapelle ist ein besonderes Erlebnis, das einen für einen kurzen Augenblick herausnimmt aus der Welt. Seltsamerweise merkt man kaum, wie die Zeit vergeht. Tritt man wieder durch die Tür nach draußen, blinzelt man in die frische Eifelluft. Man stapft über den Acker wieder zurück zum Parkplatz und dreht sich vielleicht ein letztes Mal noch um. Da steht der monolithische Bau immer noch. Er bildet eine Linie mit dem Waldrand und leuchtet erdfarben im Abendlicht.
Architektur denken. Ein besonderes Raumgefühl erspüren. Danke Anett für diese Idee. Mir gefällt es, wenn Kunst und auch Architektur nicht nur intellektuell begriffen wird. Gerade Gebäude lösen eine Menge von Gefühlen aus, wenn man sich seiner selbst in ihrer Umgebung erst einmal bewusst wird. Wir sollten öfter versuchen, dies auch auszudrücken. Nehmt euch einfach mal Zeit und horcht in euch hinein, wenn ihr das nächste Mal in ein besonderes Bauwerk geht.
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