Mit 60 Zeichnungen aus dem Nachlass von Käthe Kollwitz begann die Geschichte des Museums. Diese erwarb die Kreissparkasse Köln im Jahre 1983, um so zu verhindern, dass die Werke in alle Welt zerstreut werden. Zwei Jahre später wurde zum 40. Todestag der Künstlerin das Käthe Kollwitz Museum Köln gegründet mit dem Ziel, ihr Werk der Öffentlichkeit zu präsentieren. 1989 konnte man ein repräsentatives Museum in der Neumarkt-Passage eröffnen, das bis heute über 500.000 Besucher gesehen haben.
Zunächst leitete die Enkelin von Käthe Kollwitz das Museum. Als Dr. Jutta Bohnke-Kollwitz 1989 in den Ruhestand ging, übernahm Hannelore Fischer die Leitung. Unter ihrer Führung konnte die Sammlung des Museums auf mittlerweile 280 Zeichnungen und rund 500 druckgraphische Blätter heranwachsen. Dazu stellt das Museum das komplette plastische Werk von Käthe Kollwitz aus.
Einen besonderen Schwerpunkt der bemerkenswerten Sammlung stellen die Plakate dar, die Käthe Kollwitz ab den 20er Jahren geschaffen hat. Dieses neue künstlerische Medium erlaubte ihr mehr als jede andere Technik, ihrem Anspruch als sozial engagierte Künstlerin gerecht zu werden. „Ich will wirken in dieser Zeit, in der die Menschen so ratlos und hilfsbedürftig sind.“
Das Museum ist besonders stolz darauf, den kompletten Bestand der außergewöhnlichen Kollwitz-Plakate zu besitzen.
Die Kreissparkasse Köln als Trägerin des Museums verfolgt das Ziel, die Kunst und die Wissenschaft zu fördern – zum Beispiel auch indem sie sich für die Kollwitz Gedenkstätte Rüdenhof in Moritzburg bei Dresden einsetzt. Das Museum hat sich in den letzten Jahren als Standort für graphische Kunst etabliert und zeigt immer wieder spannende Ausstellungen von Künstlern, die in Verbindung mit Käthe Kollwitz stehen. Zurzeit präsentiert die Akademie der Künste, der Käthe Kollwitz als erste Frau angehörte, mit aus/gezeichnet/zeichnen einen interessanten Beitrag von über 60 nationalen und internationalen Künstlern zum Thema „Zeichnung“.
Käthe Kollwitz und die soziale Frage
In ihrem Engagement für die benachteiligten Mitglieder der Gesellschaft ist Käthe Kollwitz als Künstlerin eine besondere Erscheinung. Wie ein roter Faden durchzieht die soziale Frage ihr künstlerisches Werk. In vielen Bildern erkennt man ihr Engagement gegen Hunger und Elend und vor allem ihren vehementen Einsatz für den Frieden und gegen den Krieg.
Bereits in der Kaiserzeit gegen Ende des 19. Jahrhunderts nimmt Käthe Kollwitz mit Themen wie „Die Weber“ oder auch dem Zyklus „Bauernkrieg“ historische Ereignisse zum Anlass, für die unterdrückte Bevölkerung Partei zu ergreifen. Als Frau eines Berliner Armenarztes erlebt sie das Elend der Stadtbevölkerung in den Jahren nach der Jahrhundertwende.
In den Jahren 1908 bis 1910 gestaltete Käthe Kollwitz einige Blätter für die sozialkritische Zeitung „Simplicissimus“. Dies war nicht nur ein gefragter Job, der gut bezahlt wurde, sondern auch eine wunderbare Chance, in dieser Satirezeitschrift des Kaiserreiches durch ihre Kunst auf die sozialen Missstände aufmerksam zu machen.
„… als ich, besonders durch meinen Mann, die Schwere und Tragik der proletarischen Lebenstiefe kennenlernte (…), erfasste mich mit ganzer Stärke das Schicksal des Proletariats (…). Ungelöste Probleme wie Prostitution, Arbeitslosigkeit, quälten und beunruhigten mich und wirkten mit als Ursache dieser meiner Gebundenheit an die Darstellung des niederen Volkes und ihre immer wiederholte Darstellung öffnete mir ein Ventil oder eine Möglichkeit, das Leben zu ertragen.“ (Tagebücher, Rückblick, 1941)
Mit der Kohlezeichnung „Unter dem Brückenbogen“ reagiert Käthe Kollwitz auf die zunehmend härter werdenden gesellschaftlichen Bedingungen im Jahre 1928. Die wirtschaftliche Depression bringt Massenentlassungen mit sich, in den Städten wird der Wohnraum immer knapper und Obdachlosigkeit gehört schon längst zum Stadtbild. Käthe Kollwitz hatte sich auch schon während der „Simplicissimus“-Zeit mit diesem Thema auseinandergesetzt. Ihre Rolle als sozial engagierte Künstlerin bringt Käthe Kollwitz immer wieder auch Aufträge aus dem humanitären Bereich ein. Und so ist die Zeichnung „Unter dem Brückenbogen“ ein Auftrag der Heilsarmee, die auf diese Weise für ihre Arbeit werben möchte.
In Köln gibt es neben dem Museum, das ihr gewidmet ist, noch weitere Bezüge zu Käthe Kollwitz. In der Kirchenruine St. Alban wurde eine Kopie ihres Mahnmals „Die trauernden Eltern“ aufgestellt. In den Skulpturen verarbeitet die Künstlerin zunächst den Tod ihres Sohnes Peter, der im 1. Weltkrieg gefallen war. Bereits 1915, kurz nach Peters Tod begann sie an einem Freiwilligendenkmal zu arbeiten, das sich über Jahre hinweg zu einem Mahnmal entwickelte, das die Trauer aller Eltern ausdrücken sollten, die ihre Kinder an den Krieg verloren hatten. Die Figuren wurden später in Stein gehauen und in ihrer Anwesenheit auf dem Soldatenfriedhof in Roggevelde in Belgien aufgestellt, wo ihr Sohn begraben wurde. Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges, dessen Ende Käthe Kollwitz leider nicht mehr miterleben durfte, beschloss man, in der durch den Krieg so mitgenommenen Stadt Köln eine Kopie der „Trauernden Eltern“ zu errichten. Erst vor kurzem wurde der Aufstellungsort in der Kirchenruine aufwendig restauriert und auch dieses beeindruckende Mahnmal kommt wieder besonders gut zur Geltung.
In vielen Arbeiten hat die Künstlerin ihre Kunst genutzt, um zu mahnen, zu warnen und anzuprangern. Ihr berühmtes Plakat „Nie wieder Krieg“ gehört ebenfalls zum künstlerischen Bekenntnis der Käthe Kollwitz. Es entstand 1924 für die Sozialistische Arbeiterjugend, die zum 10. Jahrestag des 1. Weltkrieges eine Veranstaltung organisiert hatte, die sämtliche politisch und pazifistisch motivierten Organisationen zusammengerufen hatte, um vor den Gefahren eines neuen Krieges zu warnen.
In einem Leserbrief gegen Ende des Ersten Weltkrieges mischte sich die Künstlerin in die Diskussion um ein mögliches Kriegsende ein: „Es ist genug gestorben! Keiner darf mehr fallen! Ich berufe mich gegen Richard Dehmel auf einen Größeren, welcher sagte: Saatfrüchte sollen nicht vermahlen werden.“
In der Antoniter-Kirche auf der Kölner Schildergasse findet sich ein Kunstwerk, mit welchem der Künstler Ernst Barlach seiner geschätzten Kollegin Käthe Kollwitz huldigte.
Wie diese, war auch Barlach ein Künstler mit ausgeprägtem sozialem Engagement. Sein „Schwebender Engel“, den Barlach 1927 für den Dom in Güstrow geschaffen hatte, sollte an die Gefallenen des ersten Weltkriegs erinnern. Kurz nachdem der Künstler 1938 gestorben war, hatte man die Figur eingeschmolzen, um – Ironie des Schicksals – Bronze für Kanonen und Gewehre zu gewinnen. Doch es gab noch eine versteckte Gipsform des Engels, die dann für einen Neuguss 1953 genutzt werden konnte, der in die Kölner Kirche gebracht wurde. Ernst Barlach hatte dem „Schwebenden Engel“ die Gesichtszüge von Käthe Kollwitz gegeben und dazu gesagt: „In den Engel ist mir das Gesicht von Käthe Kollwitz hineingekommen, ohne dass ich es mir vorgenommen hatte.“
Käthe Kollwitz ist eine der bedeutendsten Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts. Ihr soziales Engagement ist außergewöhnlich und ihre Bilder rühren bis heute zahlreiche Menschen. Ein Besuch im Käthe Kollwitz Museum oder am Mahnmal in St. Alban lohnen sich immer.
Käthe Kollwitz – Ein Künstlerinnenleben
1867 Am 8. Juli wird Käthe Kollwitz wird in Königsberg als Käthe Schmidt geboren. Ihre Eltern sind der Maurermeisters Carl Schmidt und dessen Frau Katharina.
1881 Schon mit 13 Jahren erhält Käthe Zeichenunterricht bei einem Kupferstecher in Königsberg.
1885-1889 Obwohl es für Frauen noch recht ungewöhnlich war: Käthe studiert Malerei bei Karl Stauffer-Bern (1857-1891) in Berlin und bei Ludwig Herterich (1856-1932) in München.
1891 Am 13. Juni heiratet sie den Kassenarzt Karl Kollwitz, der sich in einem Berliner Arbeiterbezirk niederlässt.
1892 Ihr Sohne Hans wird geboren.
1895 Käthe Kollwitz nimmt an der „Freien Kunstausstellung“ in Berlin mit drei Werken teil. Das ist ein riesiger Erfolg für die junge Künstlerin und sie ist zu Recht stolz auf sich.
1896 Ihr Sohn Peter wird geboren.
1895-1898 Als sie das Stück „Die Weber“ von Gerhart Hauptmann gesehen hat, beschließt sie, zu diesem Thema eine Reihe von Bildern zu schaffen.
1898 „Ein Weberaufstand“ wird in der Großen Berliner Kunstausstellung gezeigt.
1898 Käthe Kollwitz wird in die „Berliner Secession“ aufgenommen – das ist ein Zusammenschluss von Künstlern, die neue Ideen für die Kunst haben und sich von der alten Kunstrichtung abspalten wollen.
1898-1903 ist Käthe Kollwitz Lehrerin an der Künstlerinnenschule in Berlin.
1899 Käthe Kollwitz bekommt die Kleine Goldene Medaille auf der Deutschen Kunstausstellung in Dresden verliehen. Die Auszeichnung freut sie doppelt, weil doch ihre Nominierung im Vorjahr abgelehnt wurde.
1901-1908 Wieder einmal arbeitet Käthe Kollwitz an einem Thema, das das Elend der Armen beschreibt: mit dem Zyklus „Bauernkrieg“ hat sie so viel Erfolg, dass sie sogar den berühmten Villa-Romana-Preis erhält.
1904 Käthe Kollwitz fährt dorthin, wo alle modernen Künstler zu dieser Zeit hinfahren müssen: nach Paris! Sie lebt ein Jahr dort und arbeitet in der Plastikklasse der Académie Julian. Sie lernt den berühmten Auguste Rodin kennen, der Vorbild für Ihre Skulpturen wird und Théophile Alexandre Steinlen, der ihr viele Ideen für die Lithographie mit auf den Weg gibt.
1906 Ärger mit der Kaiserin! Im Januar wird ihr Plakat für die Deutsche Heimarbeit-Ausstellung auf Wunsch von Kaiserin Auguste Viktoria von allen Anschlagsäulen entfernt, da dieser die Darstellung einer abgearbeiteten Frau missfällt.
1914 Das ist ihr schlimmstes Jahr! Am 22./23. Oktober fällt ihr Sohn Peter im Ersten Weltkrieg bei Dixmuiden (Flandern).
1919 24. Januar: Sie wird als erste Frau Mitglied der Preußischen Akademie der Künste und erhält gleichzeitig den Professorentitel.
1922 / 23 Kollwitz arbeitet an der Holzschnittfolge „Krieg“. Das Thema ist ihr nie aus dem Kopf gegangen und sie sucht bei ihrem Vorbild Ernst Barlachs nach Möglichkeiten, wie man dieses traurige Thema am besten anpackt.
1928 Käthe Kollwitz bekommt die Leitung des Meisterateliers für Graphik an der Akademie der Künste in Berlin übertragen. Sie ist auf dem besten Weg eine der berühmtesten Künstlerinnen des Jahrhunderts zu werden.
1929 Jetzt stellt sie sogar im Ausland aus (Kupferstichkabinett in Basel) und es wird ihr der legendäre Orden Pour le Mérite für Wissenschaften und Künste verliehen.
1932 Endlich ist es soweit: des Mahnmals „Die trauernden Eltern“ für den gefallenen Sohn Peter wird auf dem Soldatenfriedhof in Roggevelde nahe Dixmuiden aufgestellt. So lange hatte sie daran gearbeitet. Ob sie wohl damals schon ahnte, was noch alles Schlimmes passieren würde?
1933 Käthe Kollwitz wird von den Nationalsozialisten zum Austritt aus der Preußischen Akademie der Künste gezwungen.
Man enthebt sie ihres Amtes als Leiterin in der Meisterklasse für Graphik. Dann wird ihr auch noch ein indirektes Ausstellungsverbot erteilt.
1934/35 In dieser schweren Zeit ist es nicht verwunderlich, dass sie sich wieder mehr mit dem Thema „Tod“ beschäftigt. Ein letztes Mal arbeitet sie an einer ganzen Reihe, dem Zyklus aus mehreren Lithographien „Vom Tode“.
1940 Am 19. Juli stirbt ihr geliebter Mann Karl und nur zwei Jahre später fällt der Enkelsohn Peter in Russland.
1943 Der Krieg mit seinen Bombenangriffen zwingt Käthe Kollwitz zur Übersiedlung nach Nordhausen zu der Bildhauerin Margret Böning (1911-1995).
Am 25. November wird ihre Berliner Wohnung, in der sie seit 1891 lebte, durch Bomben zerstört. Und als ob das nicht schon schlimm genug ist – die Vernichtung vieler Druckplatten treffen die Künstlerin doppelt hart.
1944/45 Am 20. Juli siedelt sie nach Moritzburg bei Dresden. Dort stirbt sie am 22. April 1945 – das Kriegsende hat sie nun nicht mehr genießen können. Sie wird in Berlin begraben.
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