„1000 Autoren schreiben 1000 kurze Texte über den Tod, die zusammenwirken als ein transpersonaler Text, der, so die Annahme, mehr über das aktuelle Bild des Todes in unserer Gesellschaft verrät als jede objektive Wissenschaft.“ Christiane Frohmann arbeitet mit bewundernswertem Einsatz an einem gigantischen Crowd-Writing-Projekt, das sich diesem sehr speziellen Thema widmet: dem Tod. Bereits 350 Autoren haben mit gemacht – auch ich. Mit einem sehr persönlichen Text über das Sterben meines Vaters. Ich habe noch nicht alle anderen Texte gelesen – aber was ich bislang erkennen konnte: bei fast allen wird dem Leser ein sehr intimer Einblick in Erfahrungen mit dem Tod ermöglicht. Bei manchen überwiegt die literarische Bearbeitung des Themas. Das finde ich auch großartig. Konkrete Poesie kommt zum Beispiel vor. Mir gefiel der Text von Vitoria Pinto sehr. Sie spielt mit einem einzige Wort. Weiter. Weiterflehen, weiterträllern, weiterschenken … Und am Ende? Weiter nichts!
Beim Lesen mancher Text traten mir die Tränen in die Augen. Und plötzlich fühlt man sich den anderen Autoren verbunden. Dann wird dieser Autorenschwarm zu einem sehr menschlichen Gefühl! Zwischendrin musste ich auch sehr lachen. Großartig, Kathrin Jurgenowski! „Er hatte die Frechheit besessen, rasend schnell zu sterben.“ Hier las ich auch die Antwort auf die Frage, ob man über Tote etwas Schlechtes sagen darf: „Ein Arsch mit Magenkrebs war halt immer noch ein Arsch!“
Crowd-Writing und digitales Publizieren
In einem Interview hat Christiane Frohmann klar gemacht: So ein Projekt als Printprodukt wäre verrückt. Und tatsächlich zeigt sich hier ein wesentlicher Vorteil des digitalen Publizierens. Die Arbeit kann in mehreren Schritten erledigt werden, das E-Book aktualisiert sich, wenn wieder ein neuer Schwung Autoren dazukommt. Und es gibt keine Beschränkung, was den Umfang angeht. Denn natürlich halten sich nicht alle an die von der Herausgeberin erwünschten 3000 Zeichen. Der scheint der Inhalt immer wertvoll genug, um ihm auch mehr Raum zu geben (was ja im E-Book kein Problem ist). Man merkt übrigens, dass jeder einzelne Text Christiane Frohmann wichtig ist und ihr auch nahe geht. Es fühlt sich gut an und fast scheint es ein bisschen so, als könne man gemeinsam dem Tod seinen Schrecken nehmen!
Der Frohmann Verlag zeigt eine besondere Vorliebe für Autoren, die auf Twitter unterwegs sind. Und so finden sich auch unter den Beteiligten viele Twitterer aus meiner Timeline wieder. Bei mir kam der entscheidende Impuls zum Mitmachen übrigens von Wibke, die ihren Text einmal fürs Internet vorgelesen hat. Vielleicht klappt ja das Schneeball-Prinzip und ich kann noch den ein oder anderen motivieren, sich zu beteiligen (1000! Hier kann man sein Interesse bekunden verlag ät cfrohmann.com.). Besonders spannend finde ich die Idee, dass die Texte auch in anderen Sprachen eingereicht werden könnten. So wird der Tod jetzt international!!
Die Erlöse dieses E-Books werden an ein Kinderhospiz in Berlin gehen. So schließt sich der Kreis! Ich fänd es toll, wenn ihr alle das E-Book ersteht (gibt es überall, wo man E-Books kaufen kann), ein wirklich sensationelles Projekt, das beim Lesen berührt und tröstet. Ich werde sicher noch viel Zeit damit verbringen und bin gespannt, welche Texte noch hinzukommen.
Am 12. März wird es auf der Leipziger Buchmesse eine Lesung mit verschiedenen bisher beteiligten Autoren geben. Das finde ich eine großartige Idee, der ich Nachahmer wünsche. Falls sich mal was in meiner Nähe ergibt, bin ich gerne mit von der Partie! Auf Twitter solltet ihr den Hashtag #1000Tode verfolgen!
Ach ja: das Beitragsbild zeigt ein Objekt aus dem Museum Schnütgen und spielt auch eine Rolle in meinem Text!
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