100.000 Jahre Sex


Sex sells! Und wenn es sich um eine gut gemachte Ausstellung in einem Museum handelt, dann will ich natürlich nicht hintanstehen! Ab Samstag läuft im Neanderthal Museum in Mettmann eine interessante kulturhistorische Ausstellung, die sich mit dem wohl interessantesten zwischenmenschlichen Phänomen beschäftigt. Sie zeigt zwar nicht alles, was Sie schon immer über Sex wissen wollten, bringt uns aber die ikonographische Dimension dieses Themas nahe. Mein besonderer Favorit ist die Venus von Willendorf, die ich schon lange zur Ikone wider den Magermodel-Wahn erklärt wissen möchte!
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Die kleine, ca. 11 Zentimeter hohe Figur wurde in Österreich gefunden und ist ca. 25.000 Jahre alt. Sie ist das archaische Urbild der Frau schlechthin. Daher braucht sie kein „Gesicht“


100.000 Jahre Sex. Über Liebe, Fruchtbarkeit und Wollust
„Rippeln“, „bei sich liegen“ oder „sich im Fleische erkennen“ – alles Synonyme der mittelalterlichen Sprache für Geschlechtsverkehr. Wenn es um die Themen Sexualität, Liebe und Erotik geht, tut man sich schwer. Oft wird fantasievoll verschleiert. Immer besteht die Gefahr, von der bildhaften oder politisch korrekten Sprache ins Vulgäre abzugleiten.
Die im Drents Museum in Assen, Niederlande, konzipierte Ausstellung „100.000 Jahre Sex“ nähert sich dem Thema unter archäologischem Blickwinkel. Wo Worte und Schriftquellen fehlen, sprechen Zeichnungen auf Felsen und Wänden, Tonfiguren, Statuetten oder Bildmotive auf antiken Gefäßen. Den Besucher erwartet eine ebenso interessante wie vergnügliche Zeitreise durch 100.000 Jahre.

Aber, wann entdeckten die Menschen den kleinen Unterschied? Seit wann empfinden wir Scham, Lust und Verlangen und denken darüber nach? Gab es in der Steinzeit den Anteil an der Jagdbeute nur im Tausch gegen Sex? Wie trieben es die alten Griechen und Römer? Diesen und anderen Fragen geht die Ausstellung nach. Auf gut 600 m² Ausstellungsfläche kann man sich über die sexuelle Bildersprache in der Kunst der Altsteinzeit informieren und erhascht einen Blick auf das, was Mann und Frau in der Bronzezeit „darunter“ trugen.

Freizügige Darstellungen auf griechischen Keramiken geben einen Einblick in die Welt der „pornai“ und „hetairai“ – der Prostituierten – und zeigen zugleich, wie sich die damalige Männerwelt Lust und Vergnügen vorstellte.
Die Moralvorstellungen wandelten sich durch die Jahrtausende und unterschieden sich deutlich von denen unserer Zeit. Dies wird vor allem bei Ehe, Homosexualität und Sex mit Minderjährigen deutlich. War es im Alten Rom völlig legitim, sich neben der Ehe lustvollen Zweitbeziehungen zu widmen und Bordelle aufzusuchen, so sah das die Welt des christlichen Mittelalters anders: Sex sollte ausschließlich in der Ehe zum Zweck der Fortpflanzung und nicht zum Lustgewinn stattfinden. Bußbücher, in denen Geistliche mit viel Phantasie ausführlich alle Arten sexueller Verfehlungen sowie die dafür notwendigen Bußübungen aufzählten, belegen allerdings auch, dass nicht jeder diese Moralvorstellungen nachvollziehen wollte. Dies zeigen auch die Verse der Minnesänger und Bilddarstellungen in alten Handschriften. Außerdem gaben Mediziner schon damals praktische Ratschläge zum Sex, die durchaus auf den Lustgewinn von Mann und Frau orientierten.
Pornographische Darstellung in der Kunst der Neuzeit, das erste Kondom sowie diverse „lustfördernde“ Spielzeuge führen den Besucher schließlich bis in die Zeit der frühen Fotografie. Die Ausstellung „100.000 Jahre Sex“ zeigt Kulturgeschichte pur und verdeutlicht, wie sich die Blickweisen auf das Thema Sex im Laufe der Jahrtausende wandeln.

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