Sag mir, wo die Bilder sind? Wo sind sie geblieben? Sag mir, wo die Bilder sind? Was ist geschehn? Am Wochenende bin ich einer Einladung der Kunsthalle Karlsruhe gefolgt und habe einen Rundgang durch die leeren Räume des historischen Gebäudes gemacht. #EmptyKunsthalle_Ka war das Motto eines Instawalks und wir folgten mit einer Gruppe Instagrammer Florian Trott, dem kaufmännischen Direktor, der uns sehr unterhaltsam mit vielen Insider-Details durch die leeren Räume der Kunsthalle Karlsruhe führte. Die Kunsthalle steht vor einer längeren Umbaupause und die Zeit ist stehengeblieben so kurz vor der ersten Bauphase. Es war super spannend, hinter die Kulissen zu blicken und alles nochmal in einem ganz speziellen Zustand zu sehen. Zentrale Werke der Kunsthalle sind derzeit im ZKM in Karlsruhe ausgestellt. Doch davon später mehr.
Der pure Museumsbau
Die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe wurde von Heinrich Hübsch kurz vor der Mitte des 19. Jahrhunderts errichtet. Ein Gesamtkunstwerk, wie man nach seiner Fertigstellung nicht müde war zu betonen. Und tatsächlich ist es immer wieder ein Erlebnis, den Bau zu betreten. Allein das Treppenhaus mit dem monumentalen Wandbild von Moritz von Schwind. Irgendwo hatte ich mal gelesen, dass von Schwind den Kollegen Füssli einlud, ihn bei der Arbeit in der Kunsthalle zu besuchen. Und ihn anwies, dort hineinzugehen, wo „Eingang verboten“ stehe. Irgendwie kam mir das bei unserem Rundgang immer wieder in den Sinn.
Dieses Haus ohne die Kunst zu sehen war beides: ein bisschen traurig und gleichzeitig faszinierend. Was für ein Genuss, die pure Architektur zu erkunden. Im Innenhof, der nach den Plänen des Architekten Volker Staab zukünftig überdacht werden soll, hatte übrigens die Natur schon übernommen.
In manchen der Ausstellungsräume wurde der Kunsthalle hingegen unter die Haut geschaut. Wie Florian Trott berichtete, ist der historische Bau nicht sonderlich gut dokumentiert und man ist jetzt sehr froh, einige historische Schichten freilegen zu können, um mehr zu erfahren. Hier und da wurde der Boden aufgestemmt und man nahm Bohrungen in die Tiefe vor. An einer Stelle war dann auch eine für archäologische Ausgrabungen so typische Überdachung eingebaut. Immer wieder dachte ich: so, wie das jetzt hier aussieht, könnte das auch eine prima künstlerische Intervention sein.
Mich haben vor allem die Relikte vergangener Ausstellungen (die letzte Ausstellung war Inventing Nature, bevor man den Umzug vorbereitete) berührt. Schon irre, wie das Kopfkino in Gang gesetzt wird – besonders bei den jetzt funktionslos herunter hängenden Strippen. Ein wenig Melancholia ist auf jeden Fall dabei.
Aber warum eigentlich Umbau? Das ist vor allem aus Gründen der Nachhaltigkeit und Barrierefreiheit dringend notwendig geworden, erläutert Florian Trott. Und so kann man gespannt sein, wie mit vorsichtigen aber entscheidenden Eingriffen die Kunsthalle danach wieder zu einem attraktiven Museumserlebnis verhelfen wird. Wer es genauer wissen will, was alles geplant ist, dem sei der ausführliche Beitrag auf der Seite der Kunsthalle ans Herz gelegt.
Nachhaltigkeit
Apropos Nachhaltigkeit. Das ist ein Thema, welches im Zusammenhang der Ertüchtigung der Kunsthalle Karlsruhe eine zentrale Rolle spielen wird. Vor allem müssen sich die verantwortlichen Architekt:innen Gedanken über die Klimatisierung machen. Das ist ja kein ganz einfaches Thema. Einerseits, weil die Anforderungen der wertvollen Kunstwerke im Blick bleiben müssen. Andererseits, weil es in einem denkmalgeschützten Bau schwierig ist, gute und minimalinvasive Lösungen zu entwickeln. Man darf gespannt sein, welche innovativen Lösungen hier gefunden werden. Interessant auch einige Geschichten dazu, wie man es geschafft hat, Originalteile der Kunsthalle – auch aus der Zeit der Erweiterung durch Heinz Mohl – zu besorgen. Man merkt, mit wie viel Liebe zum Detail alle ans Werk gehen. Das finde ich wirklich toll.
Aber auch jetzt schon, vor der eigentlichen Umbauphase, muss über die Verwertung der vielen Einbauten, Schränke oder auch der extra für den Umzug angefertigten Transportkisten für die Kunstwerke gesprochen werden. Beim Rundgang bekamen wir einen Eindruck davon, an welchen Stellen das gut gelungen ist. Die Transportkisten hat man zum Beispiel in weiten Teilen schon gewinnbringend vergeben. Für die im modernen Teil der Kunsthalle vorhandene Spezialanfertigungen der Grafikschränke sieht es allerdings nicht so gut aus. Die sind nicht ohne Beschädigung zu entfernen. Aber ansonsten hochwertig und edel. Da müsste sich doch jemand finden, der das noch gebrauchen kann. Auch ein paar sehr in die Jahre gekommene Schließfachschränke könnte ich mir sehr gut in einer alternativen Verwendung vorstellen. Es muss doch nicht immer alles flammneu sein und manchmal sind Dinge mit Gebrauchsspuren sowieso viel spannender. Also: wenn ihr noch eine Idee habt, wer sowas verwerten kann: ich leite das gerne weiter.
Adieu und Hallo! Kunsthalle!!
Es ist also die Zeit des Interims angebrochen. Das wird mehrere Jahre dauern (wer will schon in diesen Zeiten prognostizieren, wann die Wiedereröffnung sein kann) und ich habe es schon mehrfach erlebt, dass Häuser die Zeit der Schließung als Chance für die Reflexion genutzt hat. Wie sieht das Museum der Zukunft aus? Das ist ein ganz wesentlicher Impuls, mit dem man auch in Karlsruhe umgehen wird. Nicht zuletzt hat sich auch mit dem Leitungswechsel neues Potenzial für einen Neuanfang geboten.
Wer jetzt nicht auf die Begegnung mit den herausragenden Kunstwerken verzichten kann, für den habe ich eine gute Nachricht. Auf Einladung des ZKM | Zentrum für Kunst und Medien werden in einer Ausstellung dort die Highlights der Kunsthallen-Sammlung präsentiert. Und das ist richtig gut geworden. Wie es ja auch oft so ist, dass man mit neuen Räumen neue Inspiration für die Präsentation erhalten kann. Als wir durch die #emptykunsthalle gewandelt sind, fielen mir vor allem die Fenster mit den Vorhängen auf. Es hatte so etwas Geheimnisvolles. Und was soll ich sagen: ich fand dieses Motiv wieder in der Ausstellung im ZKM. Gleich am Eingang war eine Phalanx von Figurenschmuck aus dem Hübsch-Bau hinter einem langen Vorhang arrangiert – das sah so zauberhaft aus! Die eher nüchternen Hallen des ZKM wurden mit einigen Zwischenwänden klug arrangiert. Es gab viel Raum und schöne Blickachsen, was mir wirklich gut gefallen hat. Auch das kleine Experiment mit der Petersburger Hängung fand ich gelungen. Eine schöne Referenz an die fürstliche Sammlerin. Also: es lohnt sich auf jeden Fall, die Highlights im ZKM anzuschauen. Ich habe mich auch brav auf die Turnmatte im Raum gelegt, der für die Kunstvermittlung reserviert ist. Aber um ehrlich zu sein: hier hätte ich mir ein bisschen mehr Mut in der Präsentation gewünscht. Der Raum hat sich – bis auf die zusätzlichen Turngeräte (es ging um Bewegung in der Kunst) – nicht wirklich vom Rest der Präsentation abgehoben.
Ich wünsche der Kunsthalle Karlsruhe für die Zukunft allzeit gute Entscheidungen und viel Kraft und Energie für die Umbauzeit. Ich bin ja gerne Critical Friend und komme bestimmt noch ein paarmal nach Karlsruhe, ehe sie in neuem Glanz wiedereröffnet.
Hinweis: Dieser Beitrag entstand im Rahmen einer Kooperation mit der Kunsthalle Karlsruhe, die mich zu einem Instawalk eingeladen hatte. Dafür wurden mir die Reisekosten gezahlt. Für den Blogbeitrag gab es ein Honorar.
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