Zero ist gut für dich.

Zero Landesmuseum Bonn

Zero ist gut für dich. Unter diesem Titel ist im Bonner Landesmuseum derzeit eine wunderbare Ausstellung zu sehen, die neben drei Lichtinstallationen von Heinz Mack, Günther Uecker und Otto Piene auch eine umfassende Dokumentation über die Künstlervereinigung „ZERO“ zeigt. Man kann sich dort in Ausstellungsplakate aus den sechziger Jahren verlieben oder die Manifeste und spannende Publikationen aus dem Dunstkreis von ZERO entdecken. Ich bin ein Fan dieser Kunst der Sechziger und habe mich über viele überraschende Einblicke gefreut. Die Ausstellung greift in einer breiten Präsentation auch Forschungsergebnisse auf, die von der Zero Foundation gesammelt wurden. Ich empfehle hier schon mal unbedingt den Besuch. Aber das absolute Highlight ist für mich der Katalog, der jeden Buchliebhaber begeistern wird. Deswegen ist der auch zum heutigen Artbook-Friday einen Blogbeitrag wert.

Das Buch hat Gewicht und kommt mit seinem tiefroten Schnitt als wahres Schmuckstück daher. Auf über 500 Seiten sind hier zahlreiche Informationen über die Künstlerbewegung ZERO versammelt, die viele neue Aspekte in den Fokus nehmen. Schon in der Einleitung erfahre ich so viel über ZERO, dass ich große Lust bekomme, mich Stück für Stück in das Geschehen um Künstler wie Mack und Piene aber auch Piero Manzoni oder Gerhard von Graevenitz einzulesen. Allein die fast zehn eng bedruckten Seiten des Namensregisters offenbaren, wie dicht das Geschehen ist. 50 Jahre nach dem Ende der Zusammenarbeit ist ZERO immer noch in den Köpfen der Menschen. Der Katalog ist ein wichtiges Zeugnis dafür, wie die Künstler damals agierten. Denn unter dem Titel „The Artits as Curator. Collaborative Initiatives in the International Zero Movement“ beschäftigt er sich intensiv mit Aktionen und Publikationen, mit denen sie die Kunstszene bereicherten. Besonders spannend finde ich die Funktion der von den Künstlern selbst herausgegebenen Journale. Auch der Begriff ZERO geht auf eines dieser Journale zurück. Mit diesem Medium bot sich den Künstlern ein zusätzlicher Präsentationsraum aus Papier!

Übrigens fand ich auch einen interessanten Hinweis auf die Bewertung von ZERO. Denn Otto Piene hat einmal gesagt, dass dies weder ein Stil, noch eine Gruppe oder eine Bewegung sei. (Wobei er letzteres durchaus an anderer Stelle wieder revidiert hat.) Nein, er betonte, dass ZERO ein Standpunkt sei!

Fotos von einer Aktion von Piero Manzoni, bei der er 1960 hartgekochte Eier mit einem Fingerabdruck an Besucher der Galerie Azimut in Mailand verteilte.

Im Katalog kann man über zahlreiche Berichte und vor allem Fotos eine Zeitreise unternehmen und sich fast so fühlen, als stünde man mitten in den ganzen aufregenden Aktivitäten jener Jahre. Neben den legendären Abendausstellungen in der Gladbacher Straße in Düsseldorf erfährt man vom frühen Engagement des Stedelijk-Museums für die Künstler. Und natürlich spielt auch die Galerie Schmela für diese Jahre eine wichtige Rolle. Die Forscher haben auch zahlreiche Privatarchive durchforstet und so bereichern jede Menge Details die Geschichte.

Mein persönliches Lieblings-Fundstück im Katalog ist eine Aktion, die in der Mailänder Galerie Azimut stattgefunden hat. Piero Manzone hatte hier 1960 hart gekochte Eier mit seinem Fingerabdruck versehen und diese dann den Besuchern zum sofortigen Verspeisen serviert. „Consume dell’arte“ nannte er die Aktion. Der Katalog bietet noch unendlich viel Material für weitere Geschichten, die es zu entdecken gilt. Und das Lesen des englischen Textes fällt mir in diesem Falle noch nicht einmal besonders schwer. Es kommt ja immer auf die Interessenslage an!

Vor genau 50 Jahren gab es in den städtischen Kunstsammlungen Bonn eine Ausstellung mit Arbeiten von Mack, Piene und Uecker und jetzt wird sie wieder dort gezeigt. Mit „Zwischen Himmel und Erde“ hatte Heinz Mack damals eine besonders berührende Installation geschaffen, die nichts von ihrem haptischen Reiz eingebüßt hat. Sie zeigt die besonder Materialästhetik, die dem Künstler wichtig war. Und hat mich total verzaubert. Otto Piene lässt als „Hommage à New York“ ein Lichtballett mit Dias aus dem Big Apple interagieren und Günther Uecker stellt eine begehbare Lichtinstallation vor. Man hat das Gefühl durch eine Plantage aus riesigen Eisennägeln zu wandern, aus deren Innerem geheimnisvoller Lichtschein kommt.

 

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