Verrückte Häuser, irre Autos und lächerliche Menschen


Der Wiener Künstler Erwin Wurm ist über seine „one minute sculptures“ für ein Video der Gruppe Red Hot Chili Peppers einem breiteren Publikum bekannt geworden. Immer wieder hat er Passanten dazu gebracht, bei seinen absurden Aktionen für eine Minute etwas völlig Sinnloses zu tun und somit jeglicher Vorstellung von überzeitlich wirkender Kunst zuwider zu laufen. Dada – das meint man spontan. Bei den dicken Häusern mit hautähnlicher Cellulite-Oberfläche oder den comichaft aufgeblasenen Autos, die er an anderer Stelle vorschlägt, denkt man sofort „Pop“. Herrlich, wie dieser Künstler auf der Klaviatur beliebter und bekannter Labels der Kunstgeschichte zu spielen versteht. Überraschungen immer gerne mit inbegriffen – wie die Attacke eines bösen Hauses auf ein unschuldiges Museum! Ende April eröffnet eine Ausstellung mit den ungewöhnlichen Werken Erwin Wurms in den Hamburger Deichtorhallen.
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erwin wurm: das lächerliche leben eines ernsten mannes. das ernste leben eines lächerlichen mannes.
27. April bis 2. September 2007
Deichtorhallen
Häuser und Autos, die wie aufgepumpt aussehen, Männer und Hunde, die Gegenstände und gar die Weltkugel verschluckt zu haben scheinen, Handlungsanweisungen, wie man sich politisch unkorrekt verhalten kann… all das und mehr entwickelt der österreichische Künstler Erwin Wurm, um den Skulpturbegriff in neue Richtungen zu erweitern. Wurm erkundet die Grenzbereiche zwischen den verschiedenen Ebenen von Aktion, Performance und Skulptur, übersetzt die Skulptur in die zeitgenössische Medienwelt.
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Seit über 25 Jahren arbeitet der 1954 in Bruck an der Mur geborene Erwin Wurm an einem vielschichtigen Werk, das als durchgehendes Forschungsprojekt zum Skulpturenbegriff interpretiert werden kann. Für Wurm, der heute zu den erfolgreichsten Gegenwartskünstlern zählt, kann alles zur Skulptur werden: Handlungen, geschriebene oder gezeichnete Anweisungen oder selbst ein Gedanke. Seine Kunst handelt vielfach von den ganz banalen, elementaren Lebensbedürfnissen und –abläufen sowie von deren Perversionen, die in Wurms Werken in physischen Deformationen zum Ausdruck kommen können. Der Künstler thematisiert Schlankheitswahn und Fettsucht, Mode, Werbung und Konsumkult, zu dessen zentralen Fetischen das Eigenheim und auch das Auto zählen.
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Mit viel Humor und großem Unterhaltungswert wird das Publikum z. B. bei seinen „One Minute Sculptures“ einbezogen und selbst zur Skulptur. In „Keep a cool head” (2003) etwa sollen die Ausstellungsbesucher die Aufforderung wörtlich nehmen und ihren Kopf in einen Kühlschrank stecken.
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Eine enge Beziehung besteht zu den Bereichen Mode und Pop-Musik. Die Arbeiten und Aktionen wurden von vielen Künstlern aufgenommen. Bekanntestes Beispiel ist das Musikvideo „Can’t Stop“ der Red Hot Chili Peppers, in dem sie auf die Werke Wurms rekurrieren www.myvideo.de/watch/525192.
Die rund 3.500 qm umfassende Retrospektive reicht von frühen minimalistischen Arbeiten wie den Staubarbeiten und den ersten Objektskulpturen bis zu den jüngsten, traditionell bildhauerisch gearbeiteten Plastiken und Installationen. Im Zentrum der Ausstellung stehen die raumgreifenden Skulpturen aus der FAT- Serie, die neuen Arbeiten wie „Truck” (2005), „Telekinetically bent VW-Van” (2006) und „The Artist who swallowed the world” (2006).
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Die Ausstellung findet in enger Kooperation mit dem MUMOK – Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig, Wien, dem Kunstmuseum St. Gallen und dem Musée d´Art Contemporain de Lyon statt.

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2 Antworten zu “Verrückte Häuser, irre Autos und lächerliche Menschen”

  1. Erwin Wurm hält ja mit seinen Installationen und Objekten der Gesellschaft schön den Spiegel vor das Gesicht. Gerade mit seinen Themen wie Schlankheitswahn + Fettsucht, sowie Fetischen wie Auto und Eigenheim. Wer irritiert ist, kann am 28.04.2007 in einem Künstlergespräch mit Erwin Wurm in Kontakt treten.

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