Nackte Haut


Auf seiner Homepage kann man sich registrieren für das nächste Event und es gibt sogar einen Button, mit dem man seine Hautfarbe übermitteln kann. Spencer Tunick, der Fotograf, für den sich gestern 20.000 Mexikaner auf dem Zocalo nackt gemacht haben, ist schon seit Jahren unterwegs und dirigiert Menschen zu solchen Massenszenen. Er arrangiert quasi „Landschaften“ mit der nackten Haut und fasziniert ebenso oft, wie er provoziert. Man muss schon weiter zurückgehen, will man nach vergleichbaren Auftritten „nackter Haut“ suchen. Spencer Tunicks Geburtsjahr beispielsweise bietet hier sicher genügend Vorbilder aus der Flower-Power-Woodstock-Zeit – oder noch weiter zurück? In die alten Zeiten der Kunstgeschichte?
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Meist sind die Berichte über seine Installationen (darauf besteht er, es sind keine Events, sondern Installationen) in Lifestyle-Magazinen zu finden, allein der Stern scheint bei jeder erneuten Aktion des Künstlers zumindest mit einer Fotostrecke dabei! Natürlich sind so viele nackte Menschen auf einem Haufen immer eine Meldung wert und es hat sicherlich auch etwas von den spontanen Aktionen der Internetfreaks, die sich zu gemeinsamen Aktionen verabreden und sinnlose Dinge tun (Kissenschlachten zum Beispiel).
Dennoch hat vor allem die Aktion letztes Jahr im museum kunst palast bewiesen, dass man sich durchaus von einer ernstzunehmenden Seite diesen Körperinstallationen nähern kann. Zunächst einmal ist sicherlich auch spannend zu sehen, wie das alte Thema der Kunstgeschichte – der Akt – neu interpretiert werden kann. Vor allem natürlich in der Gegenüberstellung mit alten Meistern gewinnen die Nackten von Tunick eine ganz eigene Ästhetik. Ganz zu schweigen von den Überlegungen zu einer Choreographie, die sicherlich auch eine ganz besondere Ästhetik mitschwingen lässt. Es entstehen wirklich reizvolle Landschaften des Inkarnats und diese Blickwinkel scheinen auch auf andere Genres gewirkt zu haben. Die Schlussszene von „Das Parfum“ ist in ihrer elegischen Schönheit ein wunderbares Zitat. Und auch wenn ein gewisses Guinessbuch-Gehabe dem Künstler eher schlecht ansteht, so kann man sich doch der Faszination seiner Arrangements kaum entziehen. Fürs Mitmachen wird man wohl doch eher exhibitionistisch veranlagt sein!
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Ein schönes Motiv – der einsame Rollstuhlfahrer in der Menschenmasse. Auch er nackt und stolz unter allen anderen als derjenige, auf dem ein besonderer Fokus liegt.

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