Kunstgeschichten


Das Programm der E.A. SEEMANNs BILDERBANDE hat eine Mission: Man möchte „Kindern mit viel Spaß die Welt der Kunst eröffnen“. Und das schafft ein liebevoll gezeichnetes Bilderbuch ganz sicher, das die Geschichte von Edgar und dem Ballettmädchen erzählt. Im Untertitel verspricht es, dass man erfährt, „wie Degas‘ Bilder tanzen lernten“. Ich habe ins Buch reingeblättert und erzähle euch, warum es mir insgesamt gut gefallen hat.

Der Reiz von Geschichten wird meist über die Protagonisten vermittelt. Und mir gefällt es immer sehr, wenn auch Kunstgeschichten nicht nur die Eckdaten der Künstler vermitteln, sondern wenn ich viel über die Menschen hinter den Bildern erfahre. Je mehr Details, desto eher bekomme ich Interesse. Und das ist in dem Buch über Edgar Degas ganz zauberhaft gemacht. Der große Impressionist wird hier als grüblerischer Feingeist vorgestellt, der nachts wach liegt, weil er nur an seine Kunst denkt. Ein bisschen steckt in den kleinen Texten von Benita Roth doch sehr viel „Erwachsenen-Wissen“ versteckt (mir hat die Idee, dass man Bilder mit drei alten Pinseln und einer Schüssel Kräutersuppe malen sollte, deutlich mehr Spaß gemacht als die Info, dass Degas jeden Tag im Musée du Louvre die Gemälde kopierte). Das Buch habe ich ein einem Zuge durchgeblättert. Die Zeichnungen sind so schön leichtfüßig und mit lustigen Einfällen versehen.

Benita Roth (Illustration und Text) ist da besonders gut, wo sie sich ganz frei von der Vermittlung des Faktenwissens macht. Wo sie vor sich hin fabuliert und aus den unterschiedlichen Motiven in den diversen Kunstwerken eigene Welten zaubert. Da fängt die Prinzessin von Velázquez an zu schreien, Rennpferde (für die Degas in der Kunstwelt berühmt war) sausen durchs Bild. Und natürlich tanzt das Ballettmädchen, das im Titel der Geschichte vorkommt. Ein bisschen hat mich die Romanze zwischen Edgar und dem Mädchen an Chagalls Liebespaare erinnert. Vor allem, wenn sie so schön durch den Himmel fliegen. Und Inspiration kam auch von Toulouse Lautrec. Oder Picasso? In seiner blauen Periode?

Das Buch ist wie ein zarter Hauch, der durch die Kunst des Fin de Siècle flattert. Es gibt Zeichnerisches, aber auch herrlich saftige Aquarellfarben. Das Ende der Geschichte fand ich ein bisschen komisch. Aber dafür entschädigt das letze Bild. Das ist so schön dahingezaubert, dass man sich sofort einen Pinsel schnappen will (und vielleicht auch eine Kräutersuppe) und mit dem Malen anfangen möchte. Insofern ist das Bilderbuch vielleicht auch für Erwachsene mit einem Faible für die Impressionisten. Oder für Ballettverrückte. Ich habe es meiner 4-jährigen Nichte gezeigt, die sehr an speziellen Farbverläufen interessiert war und direkt mal mit Wasserfarben herumprobiert hat.

 

 

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