Iwo Jima im Museum


Wir schreiben das Jahr 1968. Studentenunruhen, Proteste gegen den Vietnamkrieg, die beginnende Flower Power – wir erinnern uns an die auffälligsten Eckpunkte dieser Epoche. Es ist aber auch die Zeit, in der die Medien erstmals einen ungeheuren Einfluß auf den Alltag nehmen, in der die Manipulation durch Bilder ihren Lauf nimmt. Die Kunst dieser Jahre kann diesen Strömungen gegenüber nicht gleichgültig bleiben und so entstehen Kunstwerke, die sich unmittelbar mit dem Zeitgeschehen auseinandersetzen. Das tragbare „War Memorial“ ist so ein Kunstwerk. Ed Kienholz hat es geschaffen. Als Anti-Entwurf für ein Kriegerdenkmal. Dabei überträgt er eines der ersten Pressefotos, das um die Welt ging, in ein sogenanntes „Tableau“. Die Errichtung der amerikanischen Flagge auf dem Boden der Pazfifikinsel Iwo Jima. Übrigens wurde dieses Foto später nachgestellt! Aktuell ist dieses Thema durch den Film geworden, mit dem Clint Eastwood sich derzeit einmal mehr um einen Oscar bemüht: „Flags of Our Fathers“
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Das Museum Ludwig, in dessen Sammlung sich das Portable War Memorial von Ed Kienholz befindet, lädt nun zu einem Vortrag des Kölner Historikers Jost Dülffer ein
Die Flagge von Iwo Jima, Ed Kienholz und Clint Eastwood
Dienstag 13.02.2007, 19.00 Uhr
in der Reihe „Aktuelle Forschung“. Gemeinsam veranstaltet mit der Fritz Thyssen Stiftung und der Gesellschaft für Moderne Kunst.
Ort: Kino im Museum Ludwig (Vortragssaal), 1. Etage
Prof. Dr. Jost Dülffer lehrt Neuere Geschichte an der Universität zu Köln.
Das preisgekrönte Pressefoto von Joseph Rosenthal, das sechs Marines zeigt, die die amerikanische Flagge in den Boden der Pazifikinsel Iwo Jima stoßen, ist zur nationalen Ikone geworden. Zum Ende des Pazifikrieges konnten mit ihm die Kräfte zum Sieg auch in der US- Gesellschaft mobilisiert werden. Seither findet in verschiedenen US-Medien ein Wettbewerb der Deutungen statt. Das US-Marine Corps auf der einen Seite, die Gesellschaft der USA insgesamt konnten sich zu unterschiedlichen Zeiten mit verschiedenen Zielen patriotisch mobilisieren lassen.
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Auch Ed Kienholz’ „Portable War Memorial“ aus der Sammlung des Museum Ludwig, entstanden zu Zeiten des Vietnamkrieges, ist durch das Foto von Joseph Rosenthal inspiriert. Kienholz führt die Figurengruppe der Soldaten in seinem Environment wieder auf Lebensgröße zurück und versetzt die gesichtslosen, silberglänzenden Körper in die triviale Umgebung einer Imbissstube. Die Soldaten erstürmen einen Restauranttisch und am Nebentisch konnten sich die Betrachter ursprünglich sogar auf den Stühlen niederlassen und eine Cola aus dem Automaten ziehen: Business as usual.
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Clint Eastwoods Film „Flags of our Fathers“ von 2006 kratzt am Denkmal, an zweifelhafter Heldenehrung und kritisiert den plakativen Einsatz des Sternenbanners und rechnet mit der staatlich dirigierten Medienmaschinerie ab.
Die Positionen von Kienholz und Eastwood sind jedoch nur die markantesten Stationen in diesem Deutungswettbewerb.

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