: immer, alles, nie


Georg Gartz
neue Bilder, Installationen
Immer versucht der Maler in seinem Bild alles zu erreichen. Nie erreicht man immer alles. Diese Feststellung soll nicht etwa auf die Vergeblichkeit jeden Tuns, sondern vielmehr auf die Ablehnung des Apodiktischen verweisen. Es gibt immer mehrere Lösungen, alles ist möglich, es ist nie zu Ende.
Dies mag als Einleitung in die Besprechung einer neuen Ausstellung mit Arbeiten von Georg Gartz gelten, die die eines Malers sind, der im Malprozeß den Weg zu jenen Lösungsmöglichkeiten sucht.
Ich kenne Georg Gartz schon eine ganze Weile durch die gemeinsame museumspädagogische Tätigkeit und möchte gerne im Zusammenhang mit der Rede über seine Werke eine kleine Geschichte erzählen:


Ich habe eine Bekannte, die mit 17 Jahren noch sehr jung sich intensiv und neugierig mit der Welt der Malerei beschäftigt. Sie experimentiert gerne, hat aber kaum Praxiserfahrung. Die Idee, sie mit einem ‚wahren‘ Maler bekannt zu machen, kam mir, als Georg Gartz zu einem Atelierbesuch einlud.
Nach den ersten Begrüßungsworten haben wir uns lange umgesehen. Besonders das große Regal mit den unterschiedlichsten Inhaltsstoffen und Materialien für seine Bilder hat uns begeistert. Fast wie das Lager eines Alchemisten kam uns die unglaubliche Ansammlung von Tuben, Flaschen, Tüten, Papieren usw. vor. Wir kramten ein bißchen herum, haben an den Tuben gerochen, auch einiges hervorgeholt und genauer betrachtet. Dann sind wir eine kleine Leiter unters Atelierdach gestiegen und haben die dort gelagerten Bilder unter die Lupe genommen.
Die sinnliche Komponente der Malerei und ganz besonders der von Georg Gartz wurde hier präsent und ist auch weiter in jedem einzelnen seiner Gemälde zu erleben.
– Ortswechsel –
In seiner Ausstellung in der Volkshochschule Köln-Kalk hat Georg Gartz ein fantastisches Mobile in den Lichthof unter eine Glaskuppel gehängt. Hier scheinen die Materialien des Malers – rohe Leisten für die Keilrahmen, Papiere als experimentelle Farbträger, Leinwandstücke aus vorhergehenden Arbeiten – auf die Reise geschickt in den Himmel. Die Frage von Bewegung und Balance wird hier einmal aus einer ganz anderen Perspektive beleuchtet. Die Funktion von manchen Mobiles als bloße Demonstration formaler Werte interessiert Georg Gartz nämlich eher weniger. Vielmehr sind es die einzelnen Farbwerte im Ton Gelb, die hier gegeneinander gesetzt und ausgewogen werden. Es scheint weiter eine perfekte Symbiose mit dem Ort gelungen, denn die lichte Konstruktion der Glaskuppel mit den stählernen Streben zeichnet – je nach Lichteinfall – immer wieder neue Muster und Linien über die Farbflächen. So entstehen mit dem fortschreitenden Lauf der Sonne immer neue Strukturen – es wirkt wie eine späte Hommage an den Impressionismus! Auch die besondere Bedeutung der Farbe Gelb als diejenige, die dem Licht am nächsten ist, bekommt mit Georg Gartz Mobile eine ganz neue Dimension.
Seit Jahren hat Georg Gartz mit der materialhaften Aussage von Farbe experimentiert. Mit vielen unterschiedlichen Schaffensprozessen nähert er sich der sinnlichen Qualität von Malerei. Ganz so, als wollte er sie ‚begreifen‘.
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In seinen jüngsten Bildern taucht neuerdings ein Element auf, das ihn in eine weitere Kategorie eintauchen lässt. Mit den Linie wird nun die Malerei erweitert und in neuer Weise erlebbar gemacht. Die Papierarbeiten, die Georg Gartz hier ausstellt bieten eine unmittelbaren Einblick in die neue Handschrift des Künstlers. In einer Reihe von Aquarellen sieht man den Einfluß des Zeichnens als Gestus, als exprerimentelles Erkunden der Oberfläche, als Setzen von Akzenten. Seine Gemälde, die weiter ein großzügiger Umgang mit der Fläche ausmacht, zeigen sich durch diese Behandlung stärker strukturiert. Die einzelnen Farben mit ihren unterschiedlichen Klängen werden in stringentere Kompositionen gebracht. Je nach Struktur der Linien können diese mal ein eher zurückgenommener vorsichtiger Akkord sein oder in einem orchestralen Finale aufspielen. Wie Lichtskalen die Regler der Bässe an unserer Stereoanlage anzeigen, stoßen hier einzelne Farbakzente in den Raum vor, lassen sich Töne identifizieren und werden überlagert, verstärkt oder abgemildert.
Der Vergleich mit einer Ersten Geige sei erlaubt, die mit gezielten Strichen ihres Bogens das Thema ‚leitet‘. Ganz ähnlich schreitet Georg Gartz an seine Bilder und setzt kraftvolle Striche. Zum Teil mit Kohle, die auch schon mal durch die Vehemenz des Gestischen zerbröselt und mit dem malerischen Material eine alchemistische Verbindung eingeht.
Was mich schon immer an den Bildern von Georg Gartz fasziniert hat, dieses authentische Gefühl für die Malerei, das scheint in seinen neuesten Bildern einen weiteren Sinnenreiz zu bieten – eine wahrhaft polyphone Malerei.

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Eine Antwort zu “: immer, alles, nie”

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