Hummertelefon und Lippensofa


Das Victoria und Albert Museum in London ist die Mutter aller Museen angewandter Kunst. Allerdings ist diese Museum weder für einen Dornröschenschlaf bekannt, der so viele dieser Museen befallen hat, noch mufft es wegen spießiger Ausstellungskonzepte vor sich hin. Nein, vom V&A erwartet man letztendlich sogar immer ein „WOW“ wie ein Kuratorenkollege es ausdrückt. Neben so effekthascherischen Schauen wie der mit den Kleidern von Kylie Minogue gibt es aber auch immer wieder überraschend gut gemachte Präsentationen, die kunsthistorisch interessante Phänomene beleuchten. Wie die zu „Surreal Things“


Dali hatte gemeinsam mit dem Eisenbahn-Millionär Edward James, der in seinem mexikanischen Exil eine surrealistische Stadt aus der Wüste stampfen ließ, dieses Sofa entworfen, das den ordinär-verführerischen Charme der Ikone Mae West versprühen sollte. Überhaupt haben es Dali und dieser James ordentlich krachen lassen in den 30ern in London und davon zeugt die geniale Schau der Dinge im V&A allemal. Das legendäre Hummer-Telefon (es wurde tatsächlich zur Serienreife gebracht) wurde nach einer Orgie mit den Krustentieren entwickelt, bei dem ein durch die Gegend geschmissener Hummer auf eben einem Telefonapparat liegen blieb.
Der Einfluss der Surrealisten auf Mode und Design ihrer Zeit ist sicherlich eines der spannendsten Themen, die in der Ausstellung bedient werden. Die Modemacherin Elsa Schiaparelli schmückte sich gerne mit den Künstlern und ihren verrückten Ideen und ließ Dali auch bereitwillig einen Hummer auf ein Kleid nähen.
Aber es sind nicht nur die Schnittstellen zu Mode, Möbeldesign und Schmuck, die die Ausstellung so interessant machen, sondern vor allem die Positionen zu den Dingen, die von den Anfängen der Objet trouvées erzählen, ohne die die Entwicklung der zeitgenössischen Kunst gar nicht möglich wäre.
ray_cadeau.jpg
Ab 1923 entwickelte Man Ray in Paris seine surrealistischen Objekte, wie das „Cadeau“, mit denen er auf poetische Weise die Dingwelt verfremdete und die strukturalistische Tendenzen innerhalb der Auseinandersetzung mit ihr verfolgte.

Share

Kommentar verfassen