Hier sind die Künstler …


warum braucht köln ein neues kreativfestival?
Das ist eine der insgesamt 8 Fragen, die Mitwirkende bei „Rheindesign“ zu beantworten hatten. Gestern eröffnete die Show und ich muss gestehen, dass ich mich das ganz kurz nicht nur rhetorisch gefragt habe. Es folgt ein kleiner Erlebnisbericht von einer der unzähligen Vernissagen in Köln:
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Detail aus dem wirklich genialen Ausstellungsplakat


Ich muss mich beeilen, da die Eröffnung des allerneuesten Festivals in Köln namens Rheindesign für 18.00 Uhr angekündigt ist. Im Vorfeld war man extra nochmal ermahnt worden, sich auch ja ordnungsgemäß anzumelden (hatte ich doch, aber besser, man wird nochmal erinnert…). Weil wegen des Herbert Grönemeyer Konzertes alle westlichen Zufahrtsstraßen verstopft waren, gerate ich doch ein wenig ins Schwitzen. Ausserdem ist es unerträglich schwül und ich habe mich – dem Dresscode solcher Veranstaltungen entsprechend – in einen schwarzen Rock von Gesine Moritz gewandet und trage dazu ein schwarzes Langarmshirt (H&M). Um das ganze nicht allzu düster erscheinen zu lassen, lege ich mir noch einen üppigen Seidenschal aus Indonesien um. Ich vergehe vor Hitze. Wenigstens kann ich ja direkt am Kap am Südkai in das schickste Parkhaus Kölns eintauchen und verplempere keine Zeit beim Parkplatzsuchen. An der Einfahrt steht ein Security-Typ, der aussieht, als sei er aus einem Hollywood-Film entsprungen: wichtig, breitbeinig, mit Knopf im Ohr. Er nennt mir höflich die Gebäude-Nummer, wo die Eröffnung stattfindet. Prima! Wieder Zeit gespart. Beschwingt eile ich die Treppen aus dem lichten Parkhaus hinauf zum Kap. Ist doch alles ziemlich weit gediehen beim ehrgeizigen Städtebauprojekt. Es liegt nur noch ein wenig Baukrempel herum. Am Eingang zu Gebäude 28 steht schon wieder einer. Ein Security-Mann. Breitbeinig mit Knopf im Ohr. Drinnen dezentes Gemurmel. Jede Menge Menschen – alle in Schwarz. So ist zumindest mein erster Eindruck. Halt nein, es gibt zumindest zwei Damen, die dasselbe auffällige Muster an unterschiedlichem Kleidchendesign tragen. Irgendwas zwischen Korallenriff und Leopardenfell. Stimmt ja, wir sind hier bei den Designern. Und das wird manifestiert in jeder Menge streng-schwarzer Kleidung bzw. schrill-schrägen Outfits. Die werden bevorzugt von den Künstlern getragen. Man sieht sechziger Jahre Anzüge in auffälligen Karos, japanische Kampfsportanlehnungen und wilde Frisuren. Besonders interessant ist die Prinz Eisenherz Frisur der interntational bekannten Französin Matali Crasset. Auch ihr irritierend „unisexy“ wirkendes Outfit sticht heraus.
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„Hier sind die Künstler“ – diesen Hinweis hätte Organisator Andreas Grosz eigentlich gar nicht zu geben brauchen, denn anscheinend ist es für die Künstler im Designsektor zumindest Ehrensache, sich entsprechend gestylt zu präsentieren.
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Ich wandelte also zwischen den angeregt sprechenden Gästen einher, schaue mich ein wenig rheinseitig um (ist ja noch schöner als von vorne und erst der Blick auf meinen geliebten Strom) und entdecke interessante Designobjekte in Grün, die wie überdimensionale Stillkissen draussen und drinnen verteilt sind. Einmal niedergelassen weiß ich, es SIND überdimensionale Stillkissen. Genau dieselbe Füllung und ebenso bequem zu knautschen und den Rücken ungemein entlastend. Das Projekt heisst „picnic“ und soll den Ausstellungsort in ein Naherholungsgebiet verwandeln. Den Kiosk für die Butterstullen und die Limo habe ich nicht entdeckt – möglicherweise war der von den vielen Ü-Wagen des WDR verstellt.
Um noch einmal zur Ausgangsfrage zurück zu kommen: ich würde diese auch mit einem kräftigen JA beantworten, denn alles, was die Kreativen zusammentrommelt, findet eine Kulturtussi generell prima. Es entsteht immer etwas Interessantes bei einem solchen Treffen. Mir gefallen auch Ideen wie das Designabteil im Thalys oder die Überraschungen im Traditionshotel. Ob sich hier aber etwas völlig Neues und Anderes präsentieren wird als bei den Passagen, den unzähligen Langen Nächten und Tagen der Offenen Tür? Ich weiß es noch nicht. Das Programm ist ambitioniert, doch bin ich kein Insider und fühle mich angesichts der Fülle kreativer Einzelpositionen leicht überfordert. Überfordert war ich übrigens nach rund anderhalb Stunden Wartens auf die – immerhin sieben an der Zahl – Eröffnungsreden. Und die Stillkissen heizten sich irgendwie von innen her auf, da konnte ich auch nicht mehr länger sitzen bleiben. Cocktails mit Alkohol hätten mich bei dieser schwülen Hitze umgebracht und irgendwie konnte ich – messe- und veranstaltungsgeplagt – das Mineralwasser und den obligatorischen Weißwein nicht mehr sehen. Also bin ich an den zahlreichen Bodyguards vorbei wieder hinunter in die tolle Tiefgarage gestiegen und habe einen von den späten Besuchern der Vernissage (es sollen angeblich sagenhafte 1000 Menschen dort gewesen sein) glücklich gemacht, indem ich einen Parkplatz frei machte.
Rheindesign dauert noch bis zum kommenden Sonntag und ich freue mich auf jeden Fall schon jetzt auf die Veranstlatung „Design trifft Geschmack“, von der ich mir einige Impulse erhoffe – zumindest einen kurzweiligen Abend mit guten Gesprächen!!

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