Die Kunst der Vermittlung

„Was bedeutet für euch ein offenes Museum?“ So lautete der Anstoß zur Blogparade des LWL Museums für Kunst und Kultur in Münster. Ich nahm den Impuls auf und habe mich noch einmal meinem Herzensthema gewidmet: der Kunst der Vermittlung. Denn Offenheit manifestiert sich für mich nicht nur in baulichen Gegebenheiten. Die sind auch wichtig, denn nichts ist einladender als ein Gebäude, das die Menschen ohne große Hürden und Barrieren willkommen heißt. (Da hat das LWL Museum vorbildlich mit seiner Architektur der Höfe in die Stadt gestrahlt). Mindestens ebenso wichtig ist jedoch auch die Offenheit im Geiste. Sprich, die Bereitschaft, sich Meinungen und Bedürfnissen gegenüber zu öffnen. Warum ich dabei auch an eine besondere Art der Angebote denke und was das mit Design zu tun haben könnte, das möchte ich gerne in diesem Beitrag besprechen.

museum

In den Definitionen des Wortes Vermittlung findet sich die Beschreibung als Herstellung einer noch nicht bestehenden Beziehung. Das gefällt mir. Denn das Wort Beziehung wiederum bedeutet eine wie auch immer geartete emotionale Bindung. Da stelle ich mir vor, dass etwas vom einen zum anderen überspringt. Und zwar in beide Richtungen. Das ist meine Vorstellung von Offen. Keine Grenzen zwischen der Institution Museum und den Besuchern bzw. deren Ansichten und Meinungen. Auch Offenheit bei den Besuchern, sich von den gewohnten Pfaden des Museumsbesuchs zu entfernen um neue Erfahrungen zu machen. Die Chancen für ein offenes Museum bestehen meiner Meinung nach vor allem darin, sich als Ort für solche Erfahrungen neu zu definieren.

Kunstvermittlung

Heute ist mir ein schönes Bild zu dem, was ich mit Kunstvermittlung verbinde, quasi vor die Füße gefallen. Auf meiner Laufstrecke befanden sich relativ viele Steine. Und so war ich gezwungen, genau hinzusehen und notfalls einige dickere Brocken geschickt zu umlaufen. Oft verfalle ich in eine Art meditativen Trott beim Laufen. Ich kenne die Strecke und glaube zu wissen, was mich erwartet. Deswegen achte ich nicht mehr auf sie. Das war heute anders. Die Steine waren meine kreativen Impulse, von denen ich so gerne schwärme, wenn es um die Vermittlungsarbeit geht.

„Wenn ich nicht bei der Führung mitgegangen wäre, hätte ich überhaupt nicht gewusst, was ich mit der Kunst anfangen sollte.“ Diesen Satz höre ich so oft. Darin schwingt immer die Einbahnstraße mit. Es gibt ein Fachwissen, zu dem der Laie keinen Zugang hat. Und das ist es dann! Kunst kann aber durchaus viele Anlässe bieten, sich über persönliche Eindrücke mit der Erfrahrungswelt eines jeden Menschen zu verbinden. Dafür muss man aber eventuell die Perspektive wechseln, genauer hinsehen und überhaupt auf die Idee kommen, dass eigenes Erleben möglich ist.

Vermittlung 2.0

An dieser Stelle greife ich noch einmal einen Diskussionsfaden aus der Session auf dem stARTcamp Köln auf. Filomena Lopedoto hat darüber schon ausführlich geschrieben. Ich suche noch nach den wirklich als Kulturvermittlung 2.0 gedachten Konzepten. Ein gerade erschienene Publikation listet unterschiedliche Ansätze auf – auch aus der Perspektive des Marketing und der Kommunikations- und Öffentlichkeitsarbeit geschrieben. Dass sich da gute Synergien ergeben, liegt auf der Hand.

In den Diskussionen, die ich bislang in diesem Zusammenhang geführt habe, bleibt man gerne in Grundsatzfrage nach Ressourcen und Akzeptanz stecken. Irgendwann will ich nicht mehr darüber philosophieren, ob Soziale Netzwerke eine Chance für die Kunstvermittlung sein können. Sondern darüber, was hier eventuell anders gemacht werden kann als in der klassischen Kunstvermittlung. Oder wie sich analoge und digitale Vermittlung gegenseitig befruchten können. Was für welche Zielgruppe greift.

Das gilt auch für die Frage nach neuen Formaten. Das Tweetup zum Beispiel. Da macht sich gerade eine gewisse Abnutzung und Müdigkeit breit. Dennoch bin ich weiterhin der Meinung, dass hier Chancen zum Audience Developement genutzt werden können. Auch hier plädiere ich für Offenheit. Wenn das Smartphone so eine große Rolle im Alltag der Menschen spielt, wie nutzt man ein Smartphone dann zur Kunstvermittlung? Wie aktiviert man eine Community? Wozu kann man Blogger anstiften? Das alles erfordert deutlich längeres Nachdenken, als es in den meist 45minütigen Sessions möglich ist. Hier könnten offene Museen auch neue Standards setzen, indem sie Raum für Ideensammlungen bieten.

Angebots-Design

Es geht um ein neues Denken auch und vor allem in der Frage, welche Angebote zur Partizipation in einem offenen Haus gemacht werden. Entscheidend, so sagt Nina Simon ist das „Design der Einladung“. Sie spricht von der „designed opportunity to give something meaningful“. Es geht hier auch um den Impuls zur Erkenntnis, was Relevanz hat. Dafür braucht es Fachleute, welche die Inhalte entsprechend der Zielgruppe aufbereiten und Angebote maßschneidern. Open Sources aber auch didaktische Reduktion sind hier ganz wichtige Stichworte, die diskutiert werden müssen.

Zur Tagung „Netz.Macht.Kultur“ entstand ein interessantes Projektblog zum Thema Kulturvermittlung 2.0. Hier fragte Birgit Mandel: „In welchen Bereichen der Vermittlung bietet das Netz etwas was die anderen Formate nicht schaffen ? Und wie können diese Prozesse der informellen Kulturellen Bildung durch professionelle Kulturvermittler am besten unterstützt werden?“ Aus meiner Sicht immer noch aktuelle Fragen, die noch nicht erschöpfend beantwortet wurden. In der Regel ist die Diskussion immer sehr schnell bei der quälenden Ressourcen-Thematik.

Umso schöner, wenn hier und da etwas aufblüht. Auch das hat mit Öffnung zu tun.  Ich finde zum Beispiel Ansätze wie artigo toll, wo es um Crowdsourcing geht und das Taggen von Kunstwerken. Wie sehr ich die Idee um das Münchener Rembrandtporträt bewundere, habe ich ja schon mehrfach bekundet. Der Erfolg dieser Aktion gibt der Forderung nach mehr solchen Ansätzen Feuer!

Kunst Vermittlung
Ein Prototyp für kreative Kritzel-Notizen, entwickelt mit der Illustratorin Birgit Leinemann. Ein Beispiel für Angebots-Design

Schon seit einiger Zeit experimentiere ich mit analogen Methoden, Impulse zur Kunstvermittlung zu gestalten. Dabei sind die Methoden des kreativen Schreibens eine wahre Schatztruhe für neue Ideen. Wenn ich hier noch einmal den Anfangsgedanken in Erinnung rufen darf, dann schwebt mir ein Ansatz vor, der Beziehungen stiftet. Zwischen Museumsbesucher und Kunstwerk oder zwischen Veranstaltung und Teilnehmer – die Anlässe sind so vielfältig wie das Leben. Und weil ich morgen zur Buchmesse fahre, habe ich mal eine kleine Kostprobe entwickelt, bei der Birgit Leinemann meine Vorstellung in geniale Illustrationen umgesetzt hat. Mal schauen, was wir damit noch alles anstiften …

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