Die Kathedrale modern gesehen


„Es gibt so viele glaubwürdige Bilder auf der Welt, und wir lieben sie; wir reisen weit, um sie ansehen zu können. Wir brauchen sie. Und manche brauchen es eben, dass sie selber Bilder herstellen.“
Gerhard Richter gehört zu den erfolgreichsten zeitgenössischen Künstlern und er hat es immer wieder verstanden, grundsätzliche Probleme des „Bildermachens“ neu zu thematisieren. Er hat sich auch seit den 60er Jahren immer wieder mit der Fotografie auseinandergesetzt und vor allem optische Reize zwischen Malerei und Fototechnik bearbeitet. Für den Kölner Dom hat er im Sommer einen Entwurf für ein neues Fenster im Südportal der Kathedrale vorgelegt.
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11 500 einzelne Farbquadrate aus mundgeblasenem Echt-Antik-Glas mit einer Kantenlänge von je etwa 9,4 Zentimetern werden derzeit in einer Spezialglashütte in Waldsassen hergestellt.
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Allerdings sind die Kosten für die Gesamtsumme von fast 400.000 Euro noch nicht vollständig zusammen gekommen. Wie in den guten alten Zeiten der Stiftertradtionen wirbt der Dombauverein für die Fertigstellung des Fensters, dessen Entwurf Richter allerdings umsonst beisteuerte.
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Gerhard Richter, der sich ursprünglich als Atheist bekannte, scheint vor allem in letzter Zeit der Kirche durchaus positiv gegenüber gestimmt. So nahm er auch mit großer Freude den Katholischen Kunstpreis entgegen. Eine nicht unwesentliche Rolle bei der Beschäftigung mit dem Entwurf für das Kirchenfenster spielte sicher auch die Jahrhunderte alte Tradition der Kathedrale, die Bilderwelt der christlichen Ikonographie, die ja für den Grundstein jeder Kunsterfahrung wichtig ist und letzten Endes auch eine transzendente Vorstellung vom Zusammenspiel von Licht, Farbe und Architektur. All das hat den Künstler gereizt, der ursprünglich, wie auch noch einige andere Wettbewerber, den Wünschen des Domkapitels folgend ein „Heiligenfenster“ entwerfen sollte. Durch eher zufälliges Spielen mit einer älteren Arbeit erschien aber dann der optisch sehr reizvolle Entwurf mit den „Pixeln“.
Man darf gespannt sein auf die Installation des Fensters, das die juwelengleiche Pracht der metaphysischen Lichtregie der Kathedrale sicherlich noch verstärken wird und ein würdiger Beitrag der Moderne zu dem uralten Konzept des Mittelalters ist.

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