Vorbereitung auf „Die innere Haut“ im Marta Herford


Post vom Marta! Das freut mich jedes Mal, wenn ich einen der sehr schön gemachten Guides zu den Ausstellungen des Marta Museums in den Händen halte. Zum einen, weil ich es mag, dass die Ausstellungsbegleiter wertiger und handfester gestaltet sind, als solche Heftchen üblicherweise. Zum anderen, weil mir jedes Mal die Chance gegeben wird, mich einzulesen, bevor ich den Besuch plane. Ich kann dieses Angebot nicht immer direkt in die Tat umsetzen. Aber da ich demnächst zur Schau „Die innere Haut – Kunst und Scham“ reisen möchte, nehme ich mir vor, einen Blogbeitrag nicht als Nachbericht zur Ausstellung zu schreiben. Sondern mich mit dem Guide vorzubereiten und darüber hier im Blog zu berichten. Mir sind ein paar Aufgaben in den Sinn gekommen, mit denen ich meinen Besuch gestalten kann. Vielleicht gibt es ja in den Kommentaren noch weitere Anregungen und Ideen dazu!

Aufgabe 1: Vergleichendes Sehen

Ich lese mir die 54 Beschreibungen im Guide durch und es macht gar nichts, dass nicht überall Bilder beigegeben sind. Die Werke schaue ich mir ja alle noch an. Gerade scheint es mir spannend, einige Arbeiten herauszusuchen, die man miteinander vergleichen könnte. Das soll meine erste Aufgabe sein. Denn wenn man sich mal auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede fokussiert, dann bringt das eine ganz andere Konzentration mit sich. Es kann eine gute Idee sein, die Arbeiten von Louise Bourgeois und Berlinde De Bruyckere miteinander zu vergleichen, denke ich gerade. Eine Zeichnung, bei der eine weibliche Figur einem kleinen Mädchen Schutz und er dem bodenlangen Haar bietet (Bourgeois) will ich also mit einer Skulptur vergleichen, deren lange Haare zu Boden hängen (De Bruyckere). Zwei weibliche Positionen aus verschiedenen Generationen – die eine lebte von 1911 bis 2010 und die andere ist Jahrgang 1964. Ich bin gespannt, was sie verbindet. Welche mir näher ist.

Aufgabe 2: Wortfeld „Scham“

„Die Ausstellung fragt danach, was heute (überhaupt noch) beschämt und provoziert.“ Die Künstlerliste ist lang. Albrecht Dürer ist dabei, auch Marlene Dumas, EVA & ADELE oder Jürgen Klauke. Ich werde bei einem ersten Durchgang versuchen, vor so vielen Bildern wie möglich ein paar Assoziationen einzufangen, die ich dem Wortfeld „Scham“ zuordnen will. Beim Lesen des Guides entsteht schon ein dichtes Cluster. Das gleiche ich mit den Kunstwerken ab.

Ausstellung im Marta Museum Herford Die innere Haut - Kunst und Scham

Aufgabe 3: Brief an einen Freund

Kennt ihr den Slow Art Day? Ich bislang noch nicht. Aber  Petrina Engelke machte mich via Twitter drauf aufmerksam (ihr Blog „Moment: New York. Geschichten aus der irrsten Stadt der Welt“ ist eine absolute Leseempfehlung!). Ich weiß noch nicht, ob ich am 8. April etwas dazu mache und nach Herford werde ich wohl auch erst im Mai kommen. Aber ich will diese Idee aufgreifen und flugs noch mit einer passenden Methode zum Ausstellungsbesuch reisen.

30 Sekunden schauen. Noch länger schauen. Ich brauche da eine Hilfestellung, um bei der Sache zu bleiben. Meine Gedanken schweifen sonst zu schnell ab. Um das zu vermeiden, stelle ich mir hier die dritte Aufgabe. Ich habe mir dafür eine Arbeit ausgesucht, die ich schon kenne. Die Performance „Tapp und Tastkino“ von Valie Export ist legendär. 1968 beging sie einen Tabubruch. Sie lief durch die Stadt – nur mit einem Kasten vor ihren Brüsten und Lebenspartner Peter Weibel forderte die Umherstehenden auf, da hineinzugreifen und die Brüste von Export zu betatschen. Ich will mir das Video von der Aktion genauer ansehen und vor allem auf die Reaktionen des Publikums achten. Was ich dort sehe, teile ich einem Brief an einen fiktiven Freund mit.

Besuch folgt

So, jetzt muss ich nur noch einen Termin finden, wann ich wieder nach Herford fahre. Zur Einstimmung schaue ich mir einstweilen schon mal diesen feinen kleinen Trailer an.

 

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10 Antworten zu “Vorbereitung auf „Die innere Haut“ im Marta Herford”

  1. Liebe Anke,

    deine Ideen für den Besuch finde ich sehr spannend!
    Vielleicht könntest du den Brief sogar an eine/n Freund/in schicken! Man bekommt heute ja nicht mehr so oft Post von Freunden und umso mehr freut man sich.

    Ich hätte für dich noch eine weitere Idee, die der Aufgabe mit dem Brief sehr ähnlich ist.
    Sie nennt sich „stille Post“. Du machst mit deinem Handy ein Bild von einem Werk oder ein Selfie von dir mit einem Werk, das dich interessiert und verschickst es an eine Person bei whatsapp. Ohne Kommentar o.ä. Abends guckst du dann nach, wie die Person darauf reagiert hat und ihr könnt euch über das Bild ausstauschen. Vielleicht hat die Person fragen zu dem Werk, zu deinem Tag oder der Ausstellung/dem Museum?

    Ich schicke dir viele Grüße aus dem Marta!
    Yasmin

    • Liebe Yasmin,

      famos, so habe ich mir das gedacht. Dass ich noch weitere Ideen bekomme, mit denen ich dann losziehen werde. Stimmt, das mit der analogen Post sorgt heute doch wieder für ein breites Lächeln und freut die Menschen. Ich hatte seinerzeit mal kleine kreative Geschenke verschickt als Belohnung für Kommentare hier. Und alle waren super happy mit ihrer analogen Post.
      Und ja, die Idee mit der Stillen Post bei WhatsApp muss ich direkt mal ausprobieren. Mal gucken, wem ich da was schicken kann. Vielleicht mit einem kleinen Impuls als Anregung.
      Wenn ich mit meiner Zeitplanung klar bin, sage ich gerne Bescheid und vielleicht können wir uns dann kurz Hallo sagen.

      Herzlichst
      Anke

    • Liebe Yasmin,

      ich war ja unlängst in der Ausstellung und war sehr begeistert. Dann habe ich tatsächlich auch das mit der stillen Post ausprobiert. Habe ein Bild der schönen Marionetten von Eva Kotátková an eine gute Freundin geschickt, mit der ich allerdings schon länger nicht gesprochen hatte. Sie ist auch Kunstvermittlerin. Ich dachte, sie würde darauf reagieren. Aber es blieb still. Dennoch hat sie mich am nächsten Tag angerufen. Wir haben dann aber über andere Dinge gesprochen, als über die Ausstellung. Die ich ihr allerdings sehr ans Herz gelegt habe. Mh, ich weiß nicht, ob das jetzt speziell an uns lag. Hast du andere Erfahrungen gemacht?

      Herzlichst
      Anke

  2. Nach dem Besuch …
    Es war eine wirklich toll gemachte Ausstellung. Manchmal überfordern mit Ausstellungen mit vielen unterschiedlichen Positionen. Aber wenn es so gut thematisch gegliedert ist, wie hier, dann fühle ich mich an die Hand genommen und gut durch die Fülle geleitet.

    Ich habe meine Aufgaben aus der Vorbereitung erfüllt (die Postkarte muss ich nur frankieren und dann verschicke ich sie) aber eigentlich gab es ein Werk, dass mich völlig in den Bann gezogen hat und was mir im Katalog so gar nicht ins Auge gesprungen ist. Das war Julian Rosenfeldts „Deep Gold“. Ein kleiner Kurzfilm, der wirklich fantastisch gemacht war. Man schlüpfte in die Perspektive eines Hauptdarstellers, der mich irgendwie an den Liebeskranken von George Grosz erinnerte. Dieselbe Todessehnsucht im Gewand eines Galans aus den Zwanziger Jahren. Über diesen Protagonisten geriet man in die Bar „Deep Gold“, in der ein Panoptikum an faszinierenden und abschreckenden Gestalten einen Tanz auf dem Vulkan aufführten, der mich dann wiederrum an das Großstadt-Tryptichon von Otto Dix denken ließ. Huren, Transvestiten, Bonzen, Versehrte, Freaks … solche Szenarien kennt man aus der Weimarer Republik.

    Der Twist des Kurzfilms brachte einen dann wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Denn man wurde plötzlich gewahr, dass wir nur einer Illusion aufgesessen waren. Inklusive potemkinscher Fassaden.

    Da gab es eine Menge Denkstoff. Aber auch andere Arbeiten haben mich fasziniert. Besonders die von Berlinde de Bruyckere und John Isaacs.

    Es gab eine Menge Angebote an die Betrachter, sich das Thema aus unterschiedlichen Perspektiven anzuschauen. Als ich die Ausstellung betrat, kam ich an einer anregend diskutierenden Gruppe vorbei. Das scheint die ganz besondere Qualität des Marta – da werden Gespräche geführt. Und es hört im Digitalen nicht auf. Das Gespräch! Das freut mich sehr.

    Deswegen fahre ich bestimmt auch demnächst mal wieder hin!

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